NET 1-2/2021
35 01-02/21 www.net-im-web.de Der Funkmast im All An abgelegenenOrten leuchtet dieNutzung von Satellitenmobilfunk sofort ein. Doch auch mitten in Europa kann der Satellit den terrestrischenMobilfunk unterstützen. Neue Basisstationen müssen zum Teil auf der grünenWiese entstehen, um die letzten Löcher imNetz zu stopfen. Aber nicht über- all gibt es eine Glasfaser für die Anbindung an das Kernnetz. Häufig genug kann man diese Backhaul genannte Anbindung über Richtfunk realisieren. Wo selbst das nicht fruchtet, hilft der Satellit. Schon im LTE-Netz werden geostationäre Satelliten für den Backhaul genutzt – in den schottischen Highlands, auf Japans Inseln oder in der Steppe Afri- kas. Bisher war dies mit einem gewissem technischem und folglich finanziellemAuf- wand verbunden. Denn der 4G-Standard berücksichtigt keine Satellitenverbindun- gen. Mit 5G wird dies anders. Sobald der Satellitenfunk die Sprache des Mobilfunks spricht, könnenDaten ohne Demodulation und Remodulation zwischen beiden aus- getauscht werden (Bild 4). Die technische Hürde für Satelliten-Backhaul ist dann hinfällig. Das erlaubt einen besonders fle- xiblen Einsatz. Nicht nur längerfristige Backhaul-Lösungen können so realisiert werden. Auch ein kurzfristiger Einsatz der Satellitenverbindung zur Entlastung terrestrischer Infrastruktur etwa im Katas- trophenfall, kann schnell umgesetzt werden. Die Einsatzmöglichkeiten von Sa- telliten bei der globalen Vernetzung wird in einem anderen ESA-Projekt demonstriert, das durch das DLRund die Luxemburgische Raumfahrtagentur (LSA) unterstützt wird. SATis5 ist einTestbed, in dem die Nutzung einer Satelliten-Backhaul-Anbindung für verschiedene Anwendungsfälle demonst- riert wird – IoT-Netze, Videoverarbeitung für TV-Anwendungen, Anbindung einer mobilen 5G-Basisstation (Bild 3). Solche Lösungen können auch zur Vernetzung einzelner 5G-Inseln, der Campusnetze, ge- nutzt werden. Entscheiden sich Firmen, an ihren Standorten eigene 5G-Campusnetze aufzubauen, sollten diese untereinander und mit der Firmenzentrale verbunden sein. Dies terrestrisch zu bewerkstelligen, ist nicht immer sinnvoll. Eine Punkt-zu- Punkt-Verbindung über Satelliten ist auf große Distanzen nicht nur schneller und weniger ausfallanfällig als eine terrestrische Verbindung, sondern auch sicherer. Denn die gesamte Kommunikation läuft über eine einzige Infrastruktur mit einem einzigen Netzbetreiber. Als redundanter Zusatz zu einer terrestrischen Verbindung garantiert der Satellit zudem eine hohe Ausfallsicher- heit. Die Notwendigkeit einer global gedachten Kommunikation wird durch IoT-Netze ins Extrem geführt. Die welt- weit verteilten Sensoren und Transponder im IoT können durch terrestrische Netze allein nicht verbunden werden. Und selbst an Orten mit Netzabdeckung müsste man viele verschiedeneNetzbetreiber involvieren. Logistikfirmen wollen allzeit wissen, wo und in welchem Zustand ihre Waren sind. Die Bewahrung von Naturschutzgebieten erfordert, dass Unregelmäßigkeiten zeitnah erfasst werden. Die Integrität von Infra- struktur soll auch in abgelegenenGegenden ohne großen Aufwand überwacht werden. Der Nutzen von Satellitentechnik liegt auf der Hand. Folglich sind IoT-Dienste über Satelliten im LEO und GEO bereits heute kommerziell verfügbar. Satellitennetze aus Kleinstsatel- liten – die kleinsten, sog. Cubesats sind so groß wie ein Schuhkarton – können kleine Datenmengen, wie sie bei Sensoren anfallen, empfangen und weiterleiten, zum Teil sogar im Echtzeitbetrieb. Ein solches Netz aufzubauen, ist dadurch, dass viele Satelliten auf einer Trägerrakete in den Orbit kommen können, wirtschaftlich sehr attraktiv. Zum bestmöglichen Netz Die Zukunft der Kommunikation entschei- det sich aus diesen Gründen nicht allein auf der Erdoberfläche. Das bestmögliche Netz erreicht man nur dann, wenn man es in die dritte Dimensionwachsen lässt. Satelliten in allen Orbitpositionen und Größenklassen werden dabei einen Beitrag leisten. Geosta- tionäre Satelliten spielen ihre große Reich- weite und Broadcast-Fähigkeit in Fällen aus, in denen die Latenzzeit eine untergeordnete Rolle spielt. Kleinere, umlaufende Satelliten kommunizieren in naher Zukunft direkt mit Endgeräten und Sensoren. Letztlich ist es das Zusammenspiel von terrestrischemund Satellitenfunk, das Ausnutzen der Synergie dieser komplementären Verbindungsarten, das die Probleme der Konnektivität zum Nutzen aller lösen wird. www.dlr.de Bild 4: Wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Verheiratung von Satelliten- und Mobilfunk ist die Standardisierung. Das Standardisierungsgremium 3GPP befasst sich mit der Integration nichtterrestrischer Netze (NTN)
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