NET 1-2/2021
40 www.net-im-web.de 01-02/21 Preisänderungen für VDSL-Bitstrom Preise versus Kosten Die bislang gültigen L2-BSA-Entgelte wurden von der Bundesnetzagentur weitgehend aus Wiederbeschaffungswerten für Investitionen in Netztechnik, die zur Produktion von L2- Bitstromvorleistungen benötigt wird, ab- geleitet. Dabei berücksichtigt die Behörde nicht in hinreichendem Ausmaß, dass TD derartige Investitionen in der Realität gar nicht vornimmt, sondern lediglich Auszahlungen für Netzelemente tätigt, die aufgrund des Überschreitens ihrer maximalen technischen Nutzungsdauer bei fortbestehender Endkun- dennachfrage zu ersetzen sind. Die Summe aus derartigen Ersatzinvestitionen, demRest- wert von noch für L2-BSA-Vorleistungen in Betrieb befindlichen Netzelementen und den laufenden Netzbetriebskosten bestimmen die tatsächlichen Kosten für einen typischen L2-BSA. einem Kostenanteil von 45 % bis 55 % die Komponente mit dem größten Gewicht. Bei denWerten ist noch nicht berücksichtigt, dass TD-Investitionen in den VDSL-Ausbau bis Mitte 2018 mit mindestens 1,5 Mrd. € aus öffentlichenMitteln vomBund, den Bundes- ländern und den Kommunen subventioniert wurden. Bezieht man diese Förderung mit ein, dann sinken die tatsächlichen monat- lichen L2-BSA-Überlassungskosten im Jahr 2020 von 8,87 € um 0,38 € auf 8,49 €. Diese Berechnungsergebnisse implizieren für die anstehende Festlegung neuer L2- BSA-Überlassungsentgelte ab April 2021, dass für die Bundesnetzagentur nur Preise genehmigungsfähig sein sollten, die 9,00 € pro Monat nicht überschreiten. Die Behörde verfügt unter ande- rem gemäß Erwägungsgrund (Erwg.) 191 Richtlinie (EU) 2018/1972 bei der Festle- gung der L2-BSA-Entgelte ab 1. April 2021 auch über den Spielraum, „jegliche frühere Entscheidung zu ändern ..., wenn dies im Interesse der Nutzer und eines nachhaltigen Dienstewettbewerbs ist“. Die Behörde darf also vom Wiederbeschaffungskostenansatz zu einer Kalkulation auf der Grundlage tat- sächlicher Kosten wechseln. Sie sollte diese Möglichkeit zur Schaffung einer notwendigen Voraussetzung für die Sicherung einer hohen Wettbewerbsintensität auf dem deutschen Endkundenmarkt für Hochleistungsbreit- bandanschlüsse durch monatliche Entgelt- vorgaben unterhalb von 9,00 € auch nicht verstreichen lassen. Insgesamt sprechen unsere Analysen dafür, dass schon die bis Ende März 2021 genehmigten • Standard-L2-BSA-Überlassungsentgelte vonmonatlich 18,02 € für VDSL 25/50, 19,10 € für VDSL 100 und 23,37 € für VDSL 175/250 die tatsächlichen Kosten dieserVorleistungenummindestens 50% übersteigen; • L2-BSA-Überlassungsentgelte im bun- desweitenKontingentmodell vonmonat- lich 13,62 € für VDSL 25/50, 15,35 € für VDSL 100 und 20,44 € für VDSL 175/250 (jeweils inklusive anteiliger Ein- malentgelte von 1,87 €) ummindestens einDrittel über den tatsächlichen Kosten dieser Vorleistungen liegen. Dadurch, dass die von der Bundesnetzagentur für die letzte Regulierungsperiode genehmig- ten L2-BSA-Entgelte sich nicht an den tatsäch- lichen Kosten der Vorleistungen orientieren, haben die TD-Wettbewerber bei Ansatz der Preise im bundesweiten Kontingentmodell (von Standardpreisen) allein in den Jahren 2017 bis 2020 bereits ca. 493 (777) Mio. € zu viel gezahlt (Tabelle 2). Impulse für FTTB/H-Anschlüsse In politischen Kreisen wird derzeit die An- sicht vertreten, dass die Festsetzung von L2- BSA-Überlassungsentgelten weit über den tatsächlichen Kosten gerechtfertigt sei, weil so TD Finanzmittel zugeführt werden können, die den Ausbau von FTTB/H-Anschlüssen durch den Incumbent beschleunigen würden. Diese Position überzeugt nicht. So haben schon in den letzten drei Jahren die von TD-Wettbewerbern für L2-BSA geleisteten „Geschenkzahlungen“ vonmehr als 490Mio. € über den tatsächlichen Kosten der Vorleis- tungen nicht dazu geführt, dass der Incumbent den Ausbau eigener FTTB/H-Anschlüsse schneller vorangetrieben hat. Diese fehlende Verknüpfung ist aus mindestens drei Gründen nicht erstaunlich: • Erstens hängen Investitionen in FTTB/H-Anschlussnetze betriebs- wirtschaftlich primär von deren Ren- tabilität und nicht von der Verfügbar- keit von Finanzmitteln ab, mit denen Wettbewerber solcheTD-Investitionen unterstützen. • Zweitens ist nicht gewährleistet, dass TD durch überhöhte L2-BSA-Entgelte gewonnene zusätzliche finanzielle Spiel- räume tatsächlich für den FTTB/H- Vier Komponenten bestimmen die Kosten für einen typischen L2-BSA • Kosten zur Anbindung von KVz an BNG über unbeschaltete Glasfaserkabel und Kabel- kanalanlagen; • Kosten für Datentransport von KVz zu BNG; • Kosten für Multifunktionsgehäuse; • Kosten für KVz-TAL. Für jede dieser Komponenten wurden unter Rückgriff auf frühere Beschlüsse der Bundes- netzagentur, aktuelle Marktdaten und eigene Kostenmodelle Jahreswerte imZeitraum2016 bis 2020 bestimmt und pro Jahr addiert (siehe zur Kalkulationsmethodik die Aufsätze von Gerpott & Winzer in Kommunikation & Recht 2011, Beihefter 1 undWinzer in NET 2015, Heft 12). Demnach bewegen sich die tatsächlichen monatlichen Kosten für einen typischen L2-BSA in dem Fünf-Jahres-Zeit- raum im Durchschnitt auf 8,79 € bei einem Minimum von 8,63 € im Jahr 2019 und einem Maximum von 8,96 € im Jahr 2016 (Tabelle 1). Hierbei ist die KVz-TAL mit
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