NET 1/2 2022
19 www.net-im-web.de Künftige Nutzung der UHF-Frequenzen rischen Rundfunks, plädiert für den Erhalt der Terrestrik: „Der Rundfunk braucht das UHF-Spektrum, damit er seine Angebote kostengünstig, einfach und somit nieder- schwellig terrestrisch übertragen kann. Und das ist gesetzlich geregelt.“ So hätten die linearen Angebote des Rundfunks „nach wie vor eine hohe Akzeptanz in der Be- völkerung. 71 % der Nutzungszeit von Bewegtbild pro Tag entfällt auf lineares Fernsehen, 29 % erfolgt zeitsouverän im Internet“. Perspektivisch sei auch mit weiterem Bedarf bei der Terrestrik für ein 5G-Broadcast-System zu rechnen. Für die Direktorin haben BOS und Bundeswehr „viel Spektrum in anderen Frequenzberei- chen“, was so aber nicht belegt wird. Beim Mobilfunk ist die Situation anders, durch überfällige Optimierungen lassen sich noch erhebliche Kapazitäten gewinnen. Auch beimThema Nachhaltigkeit schneidet die terrestrische Broadcast-Technik hinsichtlich Energieeffizienz, Umweltfreundlichkeit und CO2-Bilanz deutlich günstiger als indivi- duelle Einzelübertragungen zumNutzer ab, so die im November 2021 veröffentlichte „LoCaT-Studie“. Alexander Kühn von der BNetzA geht auf eine Studie seiner Behörde ein. Darin sind diverse Bedarfe der diversen Bedarfsträger zusammengetragen. Vor allem aber geht es bei der Rundfunkfrage darum, ob der „terrestrische Übertragungsweg der- jenige ist, der auch noch ab 2030+ tatsäch- lich genutzt werden soll?“ Nur – wer kann, wer mag das jetzt schon vorhersagen? Für die Bedarfe der PMSE-Industrie will die BNetzA keine weiteren Einschränkungen akzeptieren. Und für die Privaten wünscht sich Frank Giersberg, Geschäftsführer von Vaunet, politische Unterstützung. JochenMezger, Leiter ARD-Kom- petenzzentrum internationales Frequenz- management, macht den Stellenwert der Terrestrik deutlich: „Bei einer Bevölkerung von 83 Mio. Menschen erreicht der ter- restrische Rundfunk immer noch mehre- re Millionen, deren Hauptempfangsweg die Terrestrik ist.“ Andererseits, die Me- diennutzung ändert sich, sie wird mobiler und zeitunabhängiger. Künftig sollen die Programme zudem via 5G-Broadcast auf Smartphones undTablets direkt empfang- bar sein – ohne Vertrag, SIM-Karte und auch ohne Datenvolumen-Guthabenbelas- tung. DieTechnik dahinter basiert auf dem 3GPP Rundfunkstandard Further Evolved Multimedia Broadcast Multicast Service (FeMBMS). Kein Alles oder Nichts Die BNetzA hat bei Goldme- dia Berlin, dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen sowie Prof. Jürgen Kühling von der Uni Regensburg eine Studie mit demTitel „Per- spektiven zur Nutzung des UHF-Bands 470-694 MHz nach 2030“ in Auftrag gegeben. Die ist am 17. Dezember ver- gangenen Jahres erschienen und hat nicht überall Begeisterungsstürme entfacht. Da geht es um die Verschiebung der Nutzung vonÜbertragungswegen, den Internetemp- fang als Alternative zu DVB-T2 oder -Tx, technische Entwicklungen von DVB-T2, DVB-I, DVB-Tx und 5G Broadcast, 6G usw. Die 130-seitige Studie (www.bnetza. de/uhf-studie) nennt drei Hauptszenarien: • Aufrechterhaltung des Status quo, d.h. der Frequenznutzung durch den Rundfunk mit Fortführung des DVB-T2-Sendebetriebs und zusätz- licher Einführung von mobilen 5G- NR-Broadcast-Diensten (NR – New Radio) mit weiterer Sekundärnutzung durch PMSE-Dienste; • eine zukünftige kooperative Nutzung des TV-UHF-Spektrums auf Basis einer Reduktion der Spektrumsnut- zung durch den Rundfunk zugunsten von 80 MHz für PPDR, Militär und öffentlichem Mobilfunk mit weiterer Sekundärnutzung durch PMSE; • eine zukünftige Primärnutzung des TV-UHF-Spektrums durch Mobil- funktechnik (für MNOs, PPDR und Militär) unter Mitnutzung durch PMSE, ohne weitere DVB-T2-Mög- lichkeiten. Noch in diesem Jahr dürftenVorbereitungs- gremien für die WRC-23 an Beschluss- entwürfen werkeln, verlangt wird große Kompromissfähigkeit. Eine Alles-oder- Nichts-Strategie bzw. ein Beharren auf dem Status quo wird keine Lösung sein. Es gibt zahlreiche technische Optionen, die ein „kollektives Miteinander“ der Bedarfsträger möglich machen. 1-2/22 Die 450-MHz-Frequenzen sind an den Betreiber 450Connect gegangen. Das Netz soll mit 1.600 Senderstandorten bis 2025 fertig sein. 800 Stromnetz- und 600 Gasnetzbetreiber sowie 2.000 Wasserverbände sind dann die Nutzer (Foto: 450Connect)
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