NET 1/2 2022
25 www.net-im-web.de Eingebunden in Cloud-Plattform Ein Open RAN bindet die Telekommuni- kationstechnik in eine Cloud-Computing- Plattform ein. Die neue Infrastruktur nutzt Virtualisierung sowie Cloud-Techniken, künstliche Intelligenz und Machine Lear- ning, um darüber Dienste und Funktionen automatisiert und containerbasiert sowohl zentral als auch an den Basisstationen bereit- zustellen. Sie soll so eine größere Vielfalt an Funktionen, höhere Datenraten und geringere Latenzen als herkömmliche Mo- bilfunknetze bereitstellen können. Zudem vereinfacht und optimiert eine KI-gestützte Automation die Admi- nistration des Netzes. Die Orchestrierung, das Netz- sowie das Lifecylce-Management der Komponenten und Services erfolgen cloudbasiert. Das Netz ist somit in hohem Maße skalierbar und portierbar. Testnetze und Integrationszentren Es existieren bereits erste 5G-Mobilfunk- netze auf Open-RAN-Basis, außerdem werden derzeit vorhandene 4G-Netze um Open-RAN-Technik erweitert. Die Deutsche Telekom beispielsweise baut in Neubrandenburg ein Open-RAN-Netz für 4G und 5G auf, dass dieses Jahr noch in Betrieb gehen soll. Meist adressieren Netzbetreiber damit Smart Citys. Darüber hinaus bietet sich Open RAN auch für den ländlichen Raum an, weil alle Komponenten in ein zentrales Lifecycle-Managementsystem ein- gebunden sind und ihre Orchestrierung und Wartung softwaregestützt erfolgt. Neben der Deutschen Telekom betreibenVodafone,Telefónica, Orange in Frankreich undTelecom Italia erste Test- netze sowie Integrationszentren für Open RAN. British Telekom, Three, Virgin Media O2 und Vodafone rechnen damit, dass bis 2030 35 % des UK-Mobilfunk- verkehrs über offene und interoperable RANs läuft. Vor allem die Aussicht, nicht mehr von wenigen Anbietern abhängig zu sein, veranlasste sie und viele Netzbetrei- ber weltweit dazu, die Entwicklung von Open RAN in der von ihnen gegründeten O-RAN-Alliance voranzutreiben. Parallel dazu wird imTelecom Infra Project (TIP) mit zahlreichen Hardwareherstellern an Open RAN gearbeitet. TIP bietet zu- dem einen Onlinemarktplatz für TIP- zertifizierte Open-RAN-Produkte und -Lösungen. Das ändert sich im Zugangsnetz Die Netzarchitektur eines Open RAN unterscheidet sich in vielen Punkten von herkömmlichen Funkzugangsnetzen. Bei einem Open RAN sollen die Virtualisie- rung, die weitere Aufsplitterung von Netz- komponenten (Disaggregation) sowie die Entkopplung von Hardware und Software u.a. den Energieverbrauch senken und Latenzen minimieren (Bild 1). Die Funk- und Signalverarbeitung im Funkzugangsnetz umfasste bisher die Basisstationen, Antennen und Edge Server zur Kommunikation mit dem Kernnetz. Die zentralen Komponenten einer Basis- station bildeten die Funkeinheit (Radio Unit – RU) zum Senden und Empfangen der Signale sowie die Basisbandeinheit (Baseband Unit – BBU). Beide sind per Fronthaul miteinander verbunden. Die Basisbandeinheit verarbeitet die Daten digital und überträgt sie über einen Edge Server und den LWL-Backbone (Backhaul) ins Core-Netz. Mit 5G und Open RAN wer- den diese Einheiten feiner aufgeteilt: Die Protokolle der dritten Schicht des OSI- Modells (Netzschicht) verarbeiten jetzt die Centralized Units (CUs), die im Edge Server integriert sind. Die Protokollschich- ten 1 und 2 werden in Distributed Units (DUs) verarbeitet. Das soll die Reaktions- geschwindigkeit erhöhen und wird auch in 5G-Netzen ohne Open RAN in der Regel so gehandhabt. Bei einem Open RAN sind die DUs noch weiter unterteilt: Die O-RAN- Distribution-Unit (O-DU) umfasst jetzt nur die Protokollschichten 2 (Sicherungs- schicht) und den höheren Bereich der Schicht 1 (High PHY). Hinzu kommen O-RAN-Radio-Units (O-RUs), die den unteren Teil der Schicht 1 (Bit-Übertra- gungsschicht) verarbeiten. Sie sitzen direkt auf dem Antennenmast. Diese Aufteilung entspricht der mittlerweile weitverbreiteten O-RAN-Spezifikation für Fronthaul Split Option 7-2x. Die O-RAN-Alliance hat für den Midhaul und Fronthaul offene Schnittstel- len in strukturierter Form definiert. Das sind F1-Schnittstellen zwischen CU und O-DU imMidhaul und das glasfaserbasierte eCPRI (Enhanced Common Public Radio Interface) zwischen O-DU und O-RU im Bild 1: Aufbau eines Open RAN mit Edge Servern: Die weitere Aufsplitterung von Netzkomponenten (Disaggregation) sowie die Entkopplung von Hard- und Software sollen u.a. den Energieverbrauch senken und Latenzen minimieren (Bild: QCT) Open RAN 1-2/22
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjE2Mzk=