NET 1/2 2022
27 www.net-im-web.de Für eine Multi-Vendor-Infrastruktur benö- tigen sie eine ausgeklügelte Integration. Nur die stellt sicher, dass ihre Netze zum einen mit Gigabit-Geschwindigkeiten arbeiten und zum anderen die Hochverfügbarkeits- anforderung von 99,999 % erfüllen. Integration durch Kooperationen Aus diesem Grund gehen viele Open- RAN-Anbieter Kooperationen ein, um aufeinander abgestimmte Lösungen of- ferieren zu können, die sich schnell und einfach in das Netz integrieren lassen (Bild 3). Entscheidend ist, dass die Her- steller der O-RAN-Alliance angehören. Server-Hersteller wie QCT, Dell oder HPE können so z.B. vorkonfigurierte Edge Server für die CUs und DUs anbie- ten, die jeweils optimal auf die jeweilige vRAN-Lösung und Container-Plattform abgestimmt sind. Das beschleunigt und vereinfacht die Bereitstellung. Gemäß den Open-RAN-Vorgaben sollten die Edge-Server genauso wie alle anderen Komponenten eines Open RAN mehre- re Container-Plattformen unterstützen. Vorkonfigurierte Lösungen erfordern eine detaillierte Abstimmung zwischen den Anbietern. Das gilt für alle Kom- ponenten, also auch für die Sendeköpfe und Antennentechnik, die über die Edge Server der DUs angesteuert werden und sich in kürzester Zeit für verschiedene Anwendungen konfigurieren müssen. Das Anwendungsprofil urLLC (Ultra-Reliable Low-Latency Communi- cations) beispielsweise stellt stabile Verbin- dungen mit Reaktionszeiten von 1 ms zur Verfügung; wie sie für das autonome Fahren und andere Echtzeitanwendungen benötigt werden. Dazu müssen die zugehörigen Ser- ver Multi-Access Edge Computing (MEC) unterstützen. Außerdemmuss das Network Slicing einen deterministischen, paket- optischen Transport sicherstellen (Flex- Ethernet/ITU-T G.mtn). Damit solche Latenzanforderungen eingehalten werden können, sollten alle beteiligten Komponen- ten bis ins Detail aufeinander abgestimmt sein. Zulassungen und Zertifizierungen Alle Netzkomponenten müssen die Open- RAN-Spezifikationen einhalten sowie TIP-zertifiziert und gelistet sein. In den verschiedenen Integrationszentren der Netzbetreiber und Hersteller können die Hersteller entsprechende Koexistenztests und Validierungsmessungen durchführen. Dazu sind realitätsnahe Funkbedingungen erforderlich, die mit 5G und Open RAN immer komplexer werden. So benutzt NEC z.B. für seine Open-RAN-Basisstationen, die künftig Massive MIMO unterstützen sollen, ein Massive-MIMO-Toolset von Keysight, mit demder Hersteller die Fading- Performance dieser Basisstationen prüfen und für Interoperabilitätstests wiederholbar realitätsnahe Funkbedingungen herstellen kann (Bild 4). Die Branche fordert darüber hi- naus für Komponenten am Edge oft eine NEBS-3-Zertifizierung. Dieser scharfe In- dustriestandard derTCG (TelecomCarriers Group) umfasst EMV- und Umwelttests plus Sicherheitsprüfungen. Fazit Auch wenn die heutigen Open-RAN- Testnetze oft noch nicht für alle 5G-An- wendungsprofile ausgelegt sind, bietet diese Infrastruktur für Netzbetreiber viele Vorteile und vor allemein großes Zukunfts- potenzial: Sie sind nicht mehr von einem Systemanbieter abhängig. Das cloudbasier- te Netz lässt sich gut in das oft ebenfalls cloudbasierte Kernnetz einbinden. Neue Funktionen und neue Mobilfunkgenera- tionen rollen sie per Softwareupdate aus. Neue Cloud-Dienste lassen sich schnell entwickeln und sofort bereitstellen. Da junge Softwareentwickler heute in der Regel cloudbasiert arbeiten, rechnet die Branche mit einer lebendigen Startup-Sze- ne, die innovative Dienste und Funktionen für diese offenen Mobilfunknetze entwi- ckelt. Sie ist dann nicht mehr auf wenige, handverlesene Experten angewiesen. Ob die Technik am Ende preiswerter ist, sei dahingestellt. Bild 4: Für Interoperabilitätstests und Gerätevalidierungen (Endgeräte und Netzkomponenten) in einem Open RAN ist eine möglichst realitätsnahe Funkumgebung notwendig. Dazu eignet sich z.B. ein Massive-MIMO-Toolset von Keysight (Bild: Keysight) Open RAN 1-2/22
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