NET 1/2 2022
40 www.net-im-web.de NE T ZB E TRE I B ER UND - D I ENS T E Interoperabilität: Gut gemeint, aber auch wirklich gut? EU-weite Interoperabilitätspflichten für WhatsApp, Facebook & Co Univ.-Prof. Dr. Torsten J. Gerpott leitet den Lehrstuhl für Unternehmens- und Technologieplanung an der Mer- cator School of Management Duisburg der Universität Duisburg-Essen Torsten J. Gerpott Die EU plant durch ein Gesetz über digitale Märkte, unfairen Wettbewerbspraktiken von Betrei- bern großer Online -Plattformen entgegenzuwirken. Dabei steht zur Diskussion, auch eine Verpflichtung zur Interoperabilität von Messen- gern und sozialen Netzwerken in das Gesetz aufzunehmen. Dieser Beitrag analysiert, welche Nach- teile mit einer solchen Auflage verbunden sein dürften. Harte Kritik an den Di- gitalgiganten Google, Apple, Facebook (gera- de in Meta umbenannt), Amazon und Microsoft (nach ihren Initialen abgekürzt Gafam) gehört seit geraumer Zeit zum gesellschaftlich korrekten Ton in der EU. Dies ist verständlich, da die Gafam immer wieder zu Lasten von Verbrauchern und Wettbewerbern unfaire Verhaltensweisen an denTag legen. Erst imNovember 2021 bestätigte der Europäische Gerichtshof ein 2,4 Mrd. € Bußgeld der Europäischen Kommission gegen Google, weil das Unter- nehmen vor mehr als zehn Jahren (!) bei Suchergebnissen eigene Shopping-Ange- bote gegenüber denen von Konkurrenten missbräuchlich bevorzugte. EU-Gesetz über digitale Märkte Um derartigen Unsitten großer Internet- konzerne EU-weit einen Riegel vorzu- schieben, brachte die Kommission am 15. Dezember 2020 das Gesetz über digitale Märkte (DigitalMarkets Act –DMA) in den europäischen Legislativprozess ein (siehe NET 3/2021, S. 35-39). Das Regelwerk sieht vor, Betreibern von Internetplattfor- men mit einer großen Nutzerzahl, die im DMA als „Türsteher“ (Gatekeeper) tituliert werden, rund zwanzig Geschäftspraktiken von vornherein grundsätzlich zu verbieten. Dadurch soll bei acht Gruppen von Platt- formdiensten der faireWettbewerb zwischen Gatekeepern und anderen Anbietern zum Wohl von Endnutzern intensiviert werden. Am23. November 2021 verabschiedete der im Europäischen Parlament für den DMA federführende Ausschuss für Binnenmarkt undVerbraucherschutz seine Änderungsfor- derungen zumKommissionsentwurf. Zwei Tage später einigte sich der Europäische Rat auf seine Position zumVorschlag der Kom- Das EU-Regelwerk sieht vor, Betreibern von Internetplatt- formen mit einer großen Nutzerzahl, die im DMA als Gate- keeper tituliert werden, rund zwanzig Geschäftspraktiken grundsätzlich zu verbieten (Foto: Pete Linforth, pixabay) 1-2/22
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