NET 1-2/2023

20 www.net-im-web.de 1-2/23 Bewegung in der Frequenzfrage kryptographie, Internet via Satellit, Breitband für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) und moderne IT-Architekturen. Bleiben wir bei den Breitband- diensten für die BOS. Die BDBOS betreibt derzeit das größte Tetra-Netz der Welt und muss zugestehen, „beimTetra-Netz nicht die ersten gewesen“ zu sein. „Beim Breitband- system werden wir schneller sein als andere, zumindest nicht wieder ‚die Letzten‘.“ Die BOS wollen Einsatzinformationen in Echtzeit austauschen, Vitaldaten, Videos, Bilder usw. „Es ist zunehmend nicht mehr akzeptabel, dass ein Polizist, ein Feuerwehrmann oder ein Rettungsassistent nach vollendetem Einsatz, nach stressigemArbeitstag Dokumentations- arbeiten nachträglich in Formulare amDesk- top-PC in seiner Behörde verrichten muss“, erklärt der BDBOS-Mann. Die Nutzer wollen auf Personen- register zugreifen, auf Halterdaten von Kraft- fahrzeugen, wollen wissen, welches Gefahren- gut in einem Lkw ist, wollen auf Meldedaten zugreifen, auf Fingerabdrücke sowie andere Informationen. Für die Rettungsdienste ergibt sich der Vorteil, dass Vitaldaten von Patienten schon imKrankenhaus ankommen, bevor der Patient überhaupt da ist. Das rettet Leben, das ist zum Nutzen der ganzen Gesellschaft. „Diese Dienste werden wir im Breitband realisieren können, mit dem bestehenden Tetra-Netz sind sie faktisch nicht möglich“, ist Scholle sicher. Nur so etwas wie Fahrzeug- halterermittlung ginge noch per SDS. Obwohl die BOSen über kein eige- nes Breitbandnetz verfügen, nutzen schon 200.000 der 1 Mio. BOS-Nutzer Breitband- endgeräte aus Verträgen mit Dritten – nicht mit der BDBOS. „Es wird Zeit für ein eigenes BOS-Breitbandnetz“, so Scholle, „weil die bestehenden Netze die Verfügbarkeit zum Beispiel örtlich und zeitlich nicht darstellen können, die die BOS von ihrem Tetra-Netz gewohnt sind.“ Konkret: „Die BDBOS strebt an, 60 MHz im Frequenzbereich 470-694 MHz zu erlangen und darauf ein eigenes BOS-Breit- bandnetz zu errichten. Das wird alles nicht von heute auf morgen gehen.“ (Die vier Phasen bis zum eigenen Netz wurden bereits in der NET 09/2022, Seiten 16-17 erörtert.) Doch bei der Frequenzfrage müssen viele mitspielen. Da kämpfen BDBOS und Bundeswehr sowie Mobilfunk-Netzbetrei- ber auf der einen gegen den Rundfunk und APWPT-Vertreter (Association of Profes- sional Wireless Production Technologies) auf der anderen Seite. Für Scholle stellt sich die Frage, „ob dieses Band geöffnet wird für mobile Kommunikation oder ob es weiterhin ausschließlich für den Rundfunk und die programmschaffenden Einheiten genutzt werden soll." Für die BDBOS sowie die Innenres- sorts von Bund und Ländern ist es unbedingt erforderlich, den BOSen Frequenzen für die Zukunft zu widmen. Dann erinnert Scholle an die Anfangsjahre des terrestrischen Fern- sehens mit ARD, ZDF und einigen dritten TV-Programmen sowie dem späteren Auf- kommen der Privaten. Unerwähnt bleiben Digitale Dividenden 1 und 2, als sich das terrestrische Fernsehen zunächst von den Frequenzen 790-862 MHz und später auch noch 694-790 MHz trennen musste. Damit verbunden ist der Abgesang ans analoge Fern- sehen, Einführung von DVB-T und später DVB-T2 HD. Doch dann wird Scholle polemisch: „Wer braucht 70 Funkstationen, 70 Fernseh- sender zur gleichen Zeit für DVB-T2? Ist das wirklich erforderlich?“ Die Realität ist eine andere. Nur in wenigen Ballungsgebieten gibt es knapp 40 terrestrische TV-Programme, in ländlichenGegenden sind es deutlich weniger. Dabei sehen ARD und ZDF selbst heftigen Reform- und Sparbedarf. Warten wir‘s ab. Doch die BDBOS will nicht alle terrestrischen DVB-T2-Frequenzen, deutet einen „gut gemeintenKompromiss“ an, sprich Anteile von den 224MHz. Zudem sollen die bestehendenTetra-Standorte möglichst weiter genutzt werden. Scholle: „Frequenzen für die BOS sind unverzichtbar für die Zukunft!“ Wäre der Vortrag in diesem Jahr erfolgt, hätte die Forderung noch mehr „Wumms“, denn Live-Videoaufnahmen aus attackierten Fahr- zeugen heraus oder von Bodycams könnten sofort analysiert, die Täter schneller ermittelt werden. Allerdings – eine Koordinierung mit unserenNachbarländern steht noch aus – viele wollen keine ko-primäre Zuweisung, sondern plädieren für ein „No Change“. Jetzt ist die EU am Zuge. Damit aus Leitstellen keine Leidstellen werden – zahlreiche Aussteller zeigen ihre neuesten Entwicklungen auf diesem Gebiet (Fotos: EW Medien und Kongresse GmbH/Thomas Ecke)

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