NET 1-2/2023
40 www.net-im-web.de 1-2/23 Digitalisierung der Energiewende dessen, dass der Rollout von SMGW in Deutschland seit längerem (langsam) an- gelaufen ist und auch entsprechende BSI- zertifizierte SMGW von vier Herstellern (EMH Metering, PPC, Sagemcom Dr. Neuhaus, Theben) seit 2021 verfügbar sind, kann kein Anschlussnetz- bzw. Mess- stellenbetreiber ernsthaft behaupten, von der Notwendigkeit,Messstellenmit SMGW auszurüsten, überrascht worden zu sein. Sobald einMessstellenbetreiber SMGWmit seinen informationstechnischen Systemen verbinden kann, ist ein zügiger SMGW- Ausbau grundsätzlich möglich. Deshalb sollte das GNDEWdahingehend geändert werden, dass bis Ende 2025 wenigstens 50 % der Messstellen von normalen Privat- haushalten mit einem SMGWauszurüsten sind. Klärung von Rollout-Zuständigkeiten Ein zentraler politischer Streitpunkt im GNDEW ist die Kompetenzverteilung zwischen dem BMWK und dem Bundes- ministerium des Inneren (BMI). Teil der BMWK-Entwurfsversion vom29. Novem- ber 2022 war noch eine Vorschrift, dass „die Rechts- und Fachaufsicht über das Bundesamt für Sicherheit in der Informa- tionstechnik für alle Aufgaben nach diesem und imZusammenhang mit diesemGesetz ... dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz [obliegt]“ (§ 78). In der GNDEW-Fassung vom7. Dezember 2022, die am 9. Dezember 2022 in die Anhörung der Interessenverbändemit einer fünftägigen (!) Frist zur Stellungnahme gegeben wurde, war diese Kompetenzzuordnung nicht mehr enthalten. Auch in der GNDEW-Version, die von der Bundesregierung am 11. Januar 2023 verabschiedet wurde (https://www. bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/Ge- setz/entwurf-eines-gesetzes-zum-neustart- der-digitalisierung-der-energiewende. pdf?__blob=publicationFile&v=6), ist die Vorgabe nicht zu finden. Die zentra- le Koordination des Rollouts durch das BMWK bei Ausklammerung vonThemen der Cybersicherheit wurde immerhin in § 27 konkretisiert: „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gibt im Rahmen seiner Beauftragung nach Satz 1 dem Bundesamt für Sicherheit in der In- formationstechnik die inhaltliche, zeitliche und prozessualeUmsetzung seiner Aufgaben nach diesemGesetz vor.“ Zudemmuss das BMWK auch weitere Themen wie die für einen agilen Rollout zeitnah notwendige Eichrechtsanpassung oder die gesetzliche Verankerung des SMGW-Einsatzes in an- deren Gesetzen vorantreiben. Problematisch wäre jedoch eine Verantwortungszentralisierung im Zusam- menhang mit Sicherheitsfragen, deren un- abhängige Beantwortung gerade Kernaufgabe des BSI im BMI ist. Auch die Bundes- netzagentur erhält bei Rollout-Fragen vom BMWK keine detaillierten fachlichenWei- sungen. Es wird also eine wichtige Aufgabe des BMWK sein, den gesetzlichen Rahmen voranzubringen sowie gemeinsammit dem BSI und der Bundesnetzagentur Kompro- misse auf technischer und prozessualer Ebene zur Beschleunigung des Rollouts zu finden. Der Gesetzgeber sollte deshalb das GNDEW so anlegen, dass das BMWK den SMGW- Ausbau straff koordiniert, dabei das BSI und die Bundesnetzagentur einbindet sowie Standardisierungspartnerschaften fördert. Ausblick Im internationalenVergleich liegt Deutsch- land bei der Zahl der Smart Meter pro hundert Privathaushalte gegenüber fast allen EU-Mitgliedstaaten aktuell weit zu- rück. Die in den Ländern der EU bislang verbauten „einfachen“ Smart Meter sind aber zur Schaffung einer gegen informa- tionstechnische Angriffe gut geschützten Plattform zur Echtzeitsteuerung dezentraler erneuerbaren Energiequellen und Energie- verbraucher nicht geeignet. Das GNDEW zielt deshalb klugerweise abweichend vom Vorgehen in anderen europäischen Ländern nicht nur auf eine einfache digitale Zäh- lerauslesung, sondern zusätzlich auf den Aufbau einer cybersicheren intelligenten Lösung zur Steuerung von nachhaltigen Energiesystemen. Damit bietet dasGesetz dieChance, in Deutschland rasch eine EU-weit voraus- eilende Architektur für intelligente Ener- gienetze durchzusetzen und über diesen Prototyp für die Schaffung eines EU-weiten Marktes für SMGW-Technik zumindest für Strom sowie Wärme zu werben, ohne als „Besserwisser“ verdammt zu werden. Diese Architektur zeichnet sich durch einen sehr guten Schutz gegen Cyberangriffe aus. Sie kann als ein Ansatz gesehen werden, dessen Notwendigkeit durch vermutlich von Russ- land und China initiierte Hackerattacken auf Infrastrukturen in den USA und West- europa in jüngster Zeit erneut sehr deutlich wurde. Der deutsche Ansatz steht zudemmit verschiedenen Initiativen der Europäischen Kommission im Einklang. Hierzu gehören der Entwurf eines „Cyber Resilience Act“ vom 15. September 2022 und der EU-Aktionsplan zur Digitalisierung des Energiesystems vom 18. Oktober 2022. Die Tragfähigkeit des Architekturmodells lässt sich aber signifikant noch durch Umsetzung der zuvor skizzierten sechs Anpassungen steigern. Smart Meter Gateways des Marktführers PPC sind ein Schlüsselbaustein für cybersichere Energiemanagement- systeme (Bild: PPC)
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