NET 10/2021
13 www.net-im-web.de 10/21 Vom 24. Europäischen Polizeikongress Basisstationen ohne Strom sind“. Unterbre- chungen der Stromversorgung hängen vor allem mit der Leitungsführung zusammen. Viele Leitungen sind unter Brücken verlegt – und davor türmen Wassermassen alles auf, was nicht niet- und nagelfest ist. Zerstörte Stromleitungen führen zwangsläufig zu wei- teren Netzabschaltungen, und dann müssen die Netzersatzanlagen ran. Dabei sind die meisten Basisstationen in Rheinland-Pfalz „wegen der ländlichen Prägung mit mehr als einer Batterieeinheit“ versorgt, soll wohl heißen, nicht vier, sondern 4 h Pufferbetrieb. Mit den ersten Störungsmeldungen wird eine sog. Besondere Aufbauorganisation (BAO) zur Bewältigung der Lage aktiv und einNotfallstab eingerichtet, der seit denMorgenstunden des 15. Juli rund um die Uhr im Einsatz ist. In der Nacht um 3:00 Uhr der Super-GAU: 35 Basisstationen sind vor al- lem im Teilabschnitt Kyll ausgefallen. Eine funktechnische Katastrophe. Nach 9 h sind laut AS RP die Störungen in diesem Bereich beseitigt. Die Beseitigung anderer Schäden und dieWiederherstellung des Zugangsnetzes geht nicht ganz so schnell, der Notfallstab der AS RP fordert frühzeitig vier mobile Basisstationen (Sat-mBS) aus dem Bundes- gebiet an, um netzgebundene Kommunika- tionsstrukturen wiederherzustellen. Bereits nach einem Tag wird die erste Sat-mBS aus Baden-Württemberg im Einsatzgebiet in Be- trieb genommen. Zeitnah folgen Sat-mBS aus Berlin, Thüringen und Niedersachsen. Laut AS RP ist in Rheinland-Pfalz aber keine Basisstation beschädigt, die Instandsetzung konzentriert sich auf die Wiederherstellung der Stromanbindung und der Infrastruktur des Zugangsnetzes. Über herangeschaffte mobile Satellitenanbindungen erfolgt die Verbindung ins BOS-Netz und damit zu den Leitstellen, die Integration erfolgt durch denTechnischen Betrieb ALDB/BDBOS (ehemals Alcatel-Lu- cent Digitalfunk Betriebsgesellschaft, betreibt den BOS Digitalfunk). Anstelle des leitungsgebundenen Zugangsnetzes werden Basisstationen auch über zwei Richtfunkstrecken oder Glasfaser- leitungen angebunden. Durch den erhöhten Sprechbedarf kommt es anmehreren Basissta- tionen zum sog. Warteschlangenbetrieb, d.h., Gespräche können nur verzögert durchgeführt werden. Notlösung Netzersatzanlagen Mit insgesamt 17 mobilen Netzersatzanla- gen wird versucht, im Einsatzgebiet einzelne Stationen wieder zum Laufen zu bringen. Allerdings sind entlang der Ahr 68 der ins- gesamt 70 Brücken unpassierbar, größten- teils weggespült. Und damit sind sie keine Leitungsträger mehr. Vier Gateways werden auf Bergen installiert, so dass sich ausgefallene Basissta- tionen – warum auch immer – überbrücken lassen. Dann können in DMO geführte Ge- spräche in das Netz „übergeleitet“ werden, was aber eigentlich vorherige Schulungen und regelmäßige Übungen nötig macht. Nach vierTagen ist das Netz, soKes- sel, imPrinzip wieder hergestellt. Auch werden „Kapazitätserweiterung an Basisstationen und Vermittlungsstellen“ eingeleitet. Bei der sog. Netzhärtung wird die Notstromversorgung an bundesweit über 3.800 Standorten bis 2022 auf 72 h ausgebaut. Das geschieht mit Dieselaggregaten und vor allem Brennstoff- zellen. Allerdings geben Anwender andere Informationen. Da der ganze BOS Digital- funk mehrere Tage großflächig ausgefallen sei, würden längst ausgemusterte analoge Geräte wieder reaktiviert: „Wir konnten die Kommunikationmit analogemFunk aufrecht- erhalten. Aber nur, weil diese Funkgeräte noch in irgendwelchen Kellern lagen. Man braucht also großflächig ein System, auf das man im Katastrophenfall zurückgreifen kann“, erklärt Landrätin Julia Gieseking (Vulkaneifel). Zu- demwerde überlegt, in analoge Notfalltechnik als Rückfallebene zu investieren... . Gewaltige Ausfälle auch in NRW InNordrhein-Westfalen sind 23 Basisstationen ausgefallen – bei 19 sind es Anbindungs- probleme, bei vier weiteren Stromausfälle. Trotz beschädigter Leitungsverbindungen zwischen Basisstationen und Kernnetz sowie defekter Stromleitungen erklärt NRW-Innen- minister Herbert Reul auf eine Anfrage aus dem Landtag: „Der Digitalfunk hat auch in diesemKatastrophenfall bislang ungekannten Ausmaßes gezeigt, dass er deutlich robuster ist als die kommerziellen Netze.“ Im Zuge der Modernisierung des Netzes wird der Anteil der Basisstationen mit eigenbeherrschtem Richtfunk bzw. Glasfasern sowie längeren Notstromzeiten erhöht. Stromausfälle sind höchst selten, können aber verheerende Folgen haben. Notstromversorgungen mit Brennstoffzellen sind für mindestens 72 h Betriebszeit gerüstet (Foto: AS BB)
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