NET 10/2022
3 www.net-im-web.de ED I TOR I A L Dieses Heft, liebe Leserinnen und Leser, widmet sich in seinem Schwerpunkt den Rechenzentren, die, wie viele andere Bereiche auch, immer schneller den gestiegenen Anforderungen an Geschwindig- keit und Zuverlässigkeit angepasst werden müssen. Sie sind mittlerweile zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor ge- worden, werden in ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung aber immer noch unterschätzt, fürchte ich. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sich der Bitkom diesenHerbst genötigt sah, von der Politik verbesserte Randbedingungen für Rechenzentren am Standort Deutschland zu fordern. Und das, obwohl sie zu den berühmten kritischen Infrastrukturen gehören, allerdings nur Rechenzentren ab einer bestimmtenGröße, also einer jährlichen Anschlussleistung von mehr als 3,5 MW im Jahr. Doch können auch kleinere Rechenzentren systemrelevante Aufgaben haben. Ohne Rechenzentren geht fast nichts mehr, schon gar nicht die Digitalisierung und Dekarbo- nisierung der Gesellschaft. Der Bitkom führte als Beispiel die Internetwirtschaft an, die auf funk- tionsfähige Rechenzentren angewiesen ist. Sie soll 2022 in Deutschland voraussichtlich 195 Mrd. € erwirtschaften. Bis 2025 soll sich ihr Marktvolumen auf ca. 245 Mrd. € erhöhen, was dann etwa 7 % des deutschen Bruttoinlandsproduktes ausmache. Das ist nicht ohne. Seit Jahren befinden sich die Rechen- zentren in Deutschland auf einem permanenten Wachstumskurs: So sind ihre Kapazitäten gemessen an der IT-Leistung von 2010 bis 2020 um 84 % gestiegen und sollen bis 2025 noch einmal um rund 30 % anwachsen. Gleichzeitig stieg natür- lich der Energiebedarf, aber ebenso die Effizienz. Die in Rechenzentren installierte Rechenkapazität verfünffachte sich seit 2010 je verbrauchter kWh. Dabei steigt der Anteil der Cloud-Rechenzentren an den Rechenzentrumskapazitäten in Deutschland seit Jahren und soll bis 2025 sogar zum dominierenden Bereitstellungsmodell werden. Zurück zum Energiebedarf: Die im Ver- gleich zu anderen europäischen Ländern hohen Strompreise belasten die deutschen Rechenzentren schon seit Jahren. Und das wird sich so schnell auch nicht ändern. Selbst der Wegfall der EEG-Umlage dürfte daran bei den derzeit „durch die Decke ge- henden“ Strompreisen nicht viel ändern. Der Bitkom schreibt dazu: "Aktuell gibt es in Deutschland rund 3.000 Rechenzentren mit mehr als 40 kW IT-An- schlussleistung und mindestens zehn Server-Racks. Hinzu kommen ca. 47.000 kleinere IT-Installationen. Der Strombedarf der Rechenzentren in Deutschland liegt aktuell bei 16 Mrd. kWh im Jahr – bis 2030 dürfte der Bedarfszuwachs jährlich zwischen 3,5 und 5 % betragen." Noch eine Entwicklung ist interessant: Die durch deutsche Rechenzentren und kleinere IT- Installationen verursachtenTreibhausgasemissionen sind seit 2018 rückläufig. Mit rund 6 Mio. t CO₂ lagen sie im Jahr 2020wieder auf demgleichenNiveau wie 2010. Ab 2027 sollen neue Rechenzentren sogar klimaneutral ausgelegt sein. Bereits 2019 versuchten das Netzwerk energieeffiziente Rechenzentren NeRZ und der eco in eine mWhitepaper Denkanstöße für die stärkereNutzung der Abwärme aus Rechenzentren zu geben. Das Potenzial ist riesig. Ihre Brigitte Kasper brigitte.kasper@NET-im-web.de Riesiges Potenzial 10/22
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