NET 10/2022
30 www.net-im-web.de 10/22 um Singlemodefasern mit relativ geringer Streckenlänge, theoretisch bis max. 20 km, in der Praxis oft viel kürzer. Ein OTDR sollte dem mit kleinen Pulsbreiten und Totzonen Rechnung tragen. Als nächstes stellt sich die Frage nach der Wellenlänge, die das OTDR abde- cken können sollte. GPON verwendet 1.310 nm (Up) und 1490 nm (Down), XGS-PON 1.270 nm (Up) und 1.577 nm (Down). Auch viele aktive Glasfaserverbindungen wie das Active Ethernet oder AON (Active Optical Network) arbeiten auf Singlemodefasern bei genau diesen Wellenlängen und ähnlichen Streckenlängen. Ein für PON-Troubleshooting passendes OTDR sollte mindestens zwei Wellenlängen unterstützen. Zum einen eine der oben genannten praxisüblichenWellen- längen (z. B. 1310 nm), wenn das Netz bzw. der zu messende Abschnitt Out-of-Service ist und zum anderen eine zweiteWellenlänge die störungsfrei In-Service-Messungen erlaubt. Diese sollte möglichst viel Abstand zu den Live-Wellenlängen haben. Hier bietet sich die Maintenance Wellenlänge 1650 nm an. Damit hat man eineWellenlänge im zweiten und eine im dritten optischen Fenster. Als optische Fenster bezeichnet man für die Datenübertragung gut geeignete Wellen- längenbereiche. Ein OTDR für den Access-Bereich lokalisiert schnell und einfach Probleme vom einzelnen Kunden bis zum Splitter. Liegt das Problem hinter dem Splitter, also weiter in Richtung Backbone, ist meist der gesamte PON-Zweig betroffen und damit etliche Kunden gleichzeitig. Was macht eigentlich ein OTDR? Ein OTDR misst die Strecken- und die Er- eignisdämpfung und kann daraus zusammen mit der Laufzeit des reflektierten Impulses die Streckenlänge, Spleiße und Steckverbinder bestimmen (s. Bild 2). Verfügt das OTDR außerdem über zwei Wellenlängen, lässt sich durch Messung mit beiden sogar eine Biege- radius-Verletzung (Macrobend) erkennen und lokalisieren. Dazu erzeugt ein OTDR einen Impuls, der mittels Laserdiode als optisches Signal über einen bidirektionalen Koppler in eine Glasfaser eingekoppelt wird. Über den gleichen Koppler analysiert es anschließend die durch Rayleigh-Streuung (Dämpfung) und Fresnel-Reflexion (Lokalisierung) zurück- geworfenen Impulsteile. Elektromagnetische Wellen, dazu zählt auch Licht, werden an winzigen Mole- külen in alle Richtungen gestreut (Rayleigh- Streuung), denn das Material einer Glasfaser ist nicht ideal, sondern von Unregelmäßig- keiten geprägt. DieseVerunreinigungen sorgen für ungewollte Schwankungen des Brechungs- indexes IoR (Index of Reflection), der das Ver- hältnis der Lichtgeschwindigkeit imVakuum gegenüber der Ausbreitungsgeschwindigkeit im Fasermaterial beschreibt. EinTeil des Lichts wird auch zurück zumOTDR gestreut. Aus der Messung seiner Intensität (Rückstreumessung) ergibt sich die optische Rückflussdämpfung (ORL – Opti- cal Return Loss), die eine Aussage über die Faserlänge, die Dämpfung (Attenuation) pro Kilometer sowie die Einfüge- (IL – Insertion Loss) und Reflexionsdämpfung (Reflektanz) an Ereignissen erlaubt. Dabei gilt: Je höher die Rückstreuung, desto höher ist die Dämpfung der Strecke. Zur Lokalisierung von Events spielt die Fresnel-Reflexion eine Rolle. Die „Total“- Reflexion elektromagnetischer Wellen an Materialübergängen durch einen Brechzahl- sprung kommt in der Glasfasertechnik allem voran bei Steckverbindern (Glas-Luft-Glas) vor. Auch Faserbrüche, das Ende einer offenen Faser, Verunreinigungen oder Kratzer auf Fa- serendflächen führen zu diesen Effekten, den Fresnelverlusten. Ebenso kann ein schlecht ausgeführter Spleiß dadurch sichtbar werden. Die Einkopplung eines genau de- finierten Impulses, zum Beispiel mit einer Länge von exakt 10 ns, macht es möglich, die Reflexion desselben an einem Ereignis zu erkennen und so seine Laufzeit (Hin- und Rückweg) zu messen. Mit dieser gemessenen Zeit und demWissen über die Brechzahl der vorliegenden Faser lässt sich sehr genau die Entfernung des Events vom OTDR bestim- men. Achtung bei Auswahl eines OTDRs Ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist neben der variablen Pulsbreite und demEinkoppelpegel der vorhandene Dynamikbereich. Pulsbrei- te und Sendepegel bestimmen gemeinsam, wie viel Energie in den Impuls und somit auf die Leitung gegeben werden kann. Der Dynamikbereich beschreibt dabei, wie stark die gesendeten Impulse durch Strecke und Ereignisse gedämpft werden können und trotzdem noch nach Streuung und Reflexion wiedererkannt werden. Man kann ihn auch als die Empfindlichkeit des OTDR beschreiben. Über eine einstellbareMittelungszeit lässt sich durch Wiederholung der Messung die Dynamik noch etwas erhöhen. Für ein OTDR, das speziell in PONs eingesetzt wird, OTDR-Messungen auf der letzten Meile Bild 1: Eine systematische Arbeitsabfolge bei der Analyse von Glasfaserstrecken erleichtert die Bestimmung von Fehlerquellen. Diese hier gezeigte Vorgehensweise wird beim PON-Troubleshooting als Goldstandard angesehen
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