NET 10/2022

42 www.net-im-web.de 10/22 zeigte sich zuvor zwar gesprächsbereit, wollte aber mit jedem Kabelnetzbetreiber einzeln verhandeln. Deshalb legte der FRK beim Kartellamt Beschwerde gegen die ARD ein. Die Kartellwächter taten dasThema jedoch zunächst ab, da es lediglich um Cent-Be- träge pro Wohneinheit ginge. Laut Glaßl konnte man die zuständige Beschlusskam- mer inzwischen aber davon überzeugen, dass die Gesamtsumme alles andere als Peanuts ist. Nach Gesprächen mit dem FRK sei das Kartellamt „nicht mehr abgeneigt, sich den Sachverhalt genauer anzuschauen“, berich- tete Glaßl auf dem Breitbandkongress. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Kartell- wächter auch die ARD dazu befragen. Allerdings musste Glaßl auch einräumen, dass es noch völlig offen sei, ob das Bundeskartellamt ein Verfahren er- öffne. Rückenwind erhält der FRK durch das BGH-Urteil im Streit zwischen der DNMG und dem ZDF. „Der BGH hat entschieden, dass beim Erbringen einer Leistung eine Gegenleistung erfolgen muss“, erläuterte Glaßl. Auch die Richter im Verfahren zwischen Wilhelm.tel und dem ZDF hätten auf dieser Grundlage im Sinne des Netzbetreibers aus Norder- stedt entschieden, ergänzte Glaßl. „Es ist eine Ungleichbehandlung, wenn sich ein Netzbetreiber aufgrund der Einspeiseent- gelte 500 Vertriebler leisten kann, während ein anderer Netzbetreiber keine Entgelte erhält“, erklärte der Rechtsexperte von Schalast & Partner. Entgelte auch im IP-Bereich Eine Einspeisevergütung der anderen Art kann sich DNMG-Chef Schuchert auch im Breitbandbereich vorstellen. „Rund zwei Drittel des IP-Traffics gehen in der Primetime an Streaming-Anbieter“, sagte er in Leipzig. Zwar sieht das Prinzip der Netzneutralität die Gleichbehandlung aller Daten vor, aber darunter versteht Schuchert, dass Daten bis zu einer konkretenObergren- ze gleichbehandelt werden. „Wer darüber hinaus Traffic erzeugt, zahlt“, erklärte der DNMG-Geschäftsführer. Hierzu wolle man aber zunächst mit den Streaming-Anbietern sprechen. Laut Schuchert sei der durch sie verur- sachte Traffic aber inzwischen so hoch, dass die DNMG mit ihrem Anliegen auch in Brüssel vorstellig werden will. Dort dürfte sie auf offene Ohren stoßen, schließlich haben die großen europäischen Netzbetreiber mit dem sogenannten Sen- ding-Party-Pays-Modell auf EU-Ebene die Diskussion angestoßen, ob sich die Streaming-Anbieter an den Netzbetriebs- kosten beteiligen sollen. Bekämen die großen Netzbetreiber Geld, hoffen die kleinen und mittelständischen natürlich auf eine Gleichbehandlung. Vertrag zwischen FRK und GdW Die Zusammenarbeit zwischen dem FRK und der DNMG scheint sich für beide also zu lohnen, wenn man sich im nächsten Schritt an die Netflixes dieser Welt heran- traut. Eine Zusammenarbeit strebt der FRK auch mit der Wohnungswirtschaft an. Gemeinsam mit dem GdW Bundes- verband deutscher Wohnungs- und Im- mobilienunternehmen arbeitet man an einem Rahmenvertrag für den Netzausbau auf der Netzebene 4 (NE4). Der Rahmenvertrag soll den Aus- bau durch einen Netzbetreiber regeln. Laut Claus Wedemeier, Leiter des Referats De- mografie und Digitalisierung beim GdW, müssten noch letzte Fragen zu Laufzeiten und Eigentumsverhältnissen geklärt werden, aber man befinde sich auf der Zielgeraden. Der Rahmenvertrag soll noch in diesem Jahr unter Dach und Fach sein. „Enteignung pur“ Die Zusammenarbeit zwischen Netzbe- treibern und Wohnungswirtschaft wird auch aufgrund des allseits kritisierten Telekommunikationsmodernisierungs- gesetzes (TKMoG) notwendig. Gegen das im TKMoG enthaltene Sonderkün- digungsrecht zieht nun Bernd Thielk, Vorstandsmitglied des Breitbandver- bands ANGA und Geschäftsführer von Willy.tel, vors Verfassungsgericht. „Das Sonderkündigungsrecht ist entschädi- gungslos“, sagte Thielk. „Wir bleiben auf den Kosten sitzen.“ Er warnte vor dem Szenario, in dem ein Investor ein Woh- nungsunternehmen aufkaufe und die Ver- träge mit demKabelnetzbetreiber kündige, ohne diesen entschädigen zumüssen. „Das ist Enteignung pur!“, machte Thielk in Leipzig seinem Ärger Luft. Hoffnung auf eine Verbesserung der Gesetzeslage machte Buglas-Geschäfts- führer Wolfgang Heer. Die Überarbeitung desTKMoG hänge zwar vomConnectivity Infrastructure Act und der Novellierung der Kostensenkungsrichtlinie der EU ab, aber langsam kehre in den Berliner Ministerien Arbeitsfähigkeit und die Erkenntnis ein, dass Änderungen notwendig sind. Die werden dann sicherlich im kommenden Jahr auf dem FRK-Breitbandkongress dis- kutiert, der am13. und 14. September 2023 in Leipzig stattfinden wird. Freiheit, Gleichheit, Lichtgeschwindigkeit Buglas-Präsident Theo Weirich arbeitet im Gigabitforum auf Basis der Kooperation zwischen Wilhelm.tel und Deutsche Telekom an einer Vertragsvorgabe für Open-Access-Ver- einbarungen (Foto: FRK)

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