NET 11/2021

46 www.net-im-web.de 11/21 Speed für die Glasfaser verbände, die trotz der herausfordernden öffentlichen Kassenlagen weiter von groß- zügiger Förderung und Betreibermodellen träumen und daher Partnerschaften mit Privatinvestoren ablehnen. Unabhängig davon, dass sich perspektivisch ein flächen- deckender Ausbau zeitlich erheblich nach hinten verschiebt, übersehen viele, dass auch ein weitgehend kaum genutztes Netz mit erheblichen Kosten verbunden ist. Hier ist rasches Umdenken gefragt. NET: Viele Investoren sorgen für mehrWett- bewerb. Wie macht sich die neue Situation für Kommunen bemerkbar? J. Hansjosten: Kommunen profitieren. Schon jetzt treffen in sogenannten Beauty Contests in kommunalen Sitzungen ver- schiedene Privatinvestoren auf regionale Anbieter. Die Kommunen haben dieWahl zwischen unterschiedlichen Konzepten und können sich für den Anbieter entscheiden, der am besten zu ihnen passt. NET:Was raten Sie Kommunen bei der Aus- wahl? J. Hansjosten: Sie sollten sehr genau hin- zuschauen, mit wemman die Glasfaserehe eingehen möchte. Geld alleine baut keine Glasfaser. Hier sollte man auf erfahrene Partner setzen. Einige der neuen Anbieter haben noch keine oder erst sehr wenige Meter gebaut. Jeder Anbieter durchläuft von Beginn an starke Lernkurven von der Wirtschaftlichkeitsberechnung und Ana- lyse vor Ort über Vermarktung, Planung, Ausbau bis hin zum Netzbetreib. Hinzu kommen sehr knappe Personalressourcen, wie in vielen Branchen und in öffentlichen Bereichen auch. NET: Wie unterscheidet sich die IFG von anderen Investoren? J. Hansjosten: Bei manchen Wettbewer- bern hat man den Eindruck, dass hier erst einmal nach dem Prinzip Gießkanne agiert wird, nur um irgendwo mit dabei zu sein und sich Kommunen zu sichern. Wir und unsere Töchter verfügen hingegen schon über langjährige Erfahrungen im Glasfa- sermarkt und haben eine sehr starke lokale und regionale Marktorientierung. Dabei konzentrieren wir unsere Ressourcen auf ausgesuchte Regionen. Der zentrale stra- tegische Ansatz ist Verdichtung. Wir kom- men, um langfristig als Partner zu bleiben. Unsere Töchter bauen flächendeckend alle Straßen einer Kommune aus. So können wir auch später jederzeit an der Glasfaser Interessierte an unsere Netze anschließen, ohne erneut Straßen aufreißen zu müssen. NET: Ist dies ein entscheidendes Kriterium? J. Hansjosten: Es ist absolut sinnvoll, denn die meistenHaushalte werden in den kommenden fünf bis acht Jahren sowieso zur Glasfaser wechseln. Und es ist ein wichtiges Unterschei- dungsmerkmal. Denn andere bauen teilweise je nach Ergebnissen der Vorvermarktung nur wenige ausgesuchte Straßen in einer Kommu- ne aus und lassen ganze Straßenseiten und Ortsteile links liegen. Kommunen stellt dies über kurz oder lang vor erhebliche Probleme. Denn bei der späteren Netzerweiterung und Nachverdichtung kommt es zu extrem hohen Kosten. Dann stellt sich die Frage, ob das ausbauende Unternehmen oder dessen Nach- folger überhaupt noch einmal wiederkommt. An diesen so „vergifteten Ausbaugebieten“ sind auch keine anderen interessiert, denn das Investment rechnet sich nicht. NET: Wie sieht für Sie eine ideale Partner- schaft mit Landkreisen und Kommunen aus? J. Hansjosten: Es ist ein enger Schulter- schluss gleichberechtigter, langfristig den- kender Beteiligter für einen beschleunigten, flächendeckenden Glasfaserausbau, der auf dem Verdichtungsgedanken basiert und privatwirtschaftliche Investitionen mit sinnvoll eingesetzten Fördermitteln und Open Access kombiniert. NET: Einige Anbieter setzen auf alternative Verlegemethoden und bauen nur aus, wenn die Kommune zustimmt.Wie hält es die IFG? J. Hansjosten: Wir und unsere Töchter denken langfristig und setzen auf tradi- tionellen Tiefbau mit 60 cm unter dem Bürgersteig, 80 cm unter der Straße und 1,20 m unter Straßen höherer Ordnung. Dies hat sich in der Praxis bewährt, sorgt für Vertrauen und wird von den meisten Kommunen ausdrücklich gewünscht.Wenn eine Kommune es unbedingt möchte, setzen wir auch alternative Methoden ein. NET: Warum setzen Sie bewusst auf klassi- schen Tiefbau? J. Hansjosten: Es ist eine Frage des ehrlichen Umgangs miteinander und der Wunsch nach langfristigen Partnerschaften. Beim Trenching endet die Gewährleistung in der Regel nach fünf Jahren. Dann gehen Haf- tung und Risiko bei späteren Bautätigkeiten an der kommunalen Infrastruktur auf die Kommune über, wenn die teils sehr deutlich inMindertiefen verlegten Glasfaserleitungen beschädigt oder vom Bagger herausgerissen werden. Derzeit lehnen die meisten Kämme- rer und Verantwortlichen in den Bauämtern diese Ausbaumethoden daher ab. NET: Herr Hansjosten, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. http://infrafibre.de Jürgen Hansjosten Die wichtigste Herausforderung für eine neue Am- pelregierung wird es sein, die langwierigen Geneh- migungs- und Förderverfahren zu beschleunigen, um das Tempo beim Glasfaserausbau zu erhöhen

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