NET 12/2021
45 www.net-im-web.de 12/21 Verbraucherrechte nach dem neuen TKG bieter vonTelekommunikationsdiensten im Fall eines Versorgungsausfalls (§ 58TKG), sofern der Verbraucher die Störung nicht selbst zu vertreten hat. Eine Entstörpflicht gab es bislang nur für die Deutsche Tele- kom als marktbeherrschendem Anbieter. Der Anspruch der Verbraucher auf eine Entstörung besteht nunmehr unabhängig von einer marktbeherrscheden Stellung des Anbieters. Die Anbieter müssen daher Ein- gangstore für eine Annahme der Störungs- meldung durch den Kunden einrichten und die Annahme der Störungsmeldung ebenso wie die Vereinbarung von Kundendienst- oder Installationsterminen dokumentieren. Ist eine Störungsmeldung eingegangen, hat der Anbieter zwei Kalendertage Zeit, um die Entstörung zu beheben. Die Frist läuft gem. § 187 BGB ab dem auf die Störungs- meldung folgendenTag und kann auch auf einem Sonn- oder Feiertag enden. Kann der Anbieter die Störung nicht innerhalb von zwei Kalendertagen beheben, entsteht auch ebenfalls ein Ent- schädigungsanspruch des Kunden in Höhe von 5 € oder 10 Prozent des vertraglich vereinbarten monatlichen Entgeltes für den dritten und vierten Tag und in Höhe von 10 € bzw. 20 Prozent des vereinbarten Monatsentgeltes ab dem fünften Tag. Der Entschädigungsanspruch scheidet nur aus, wenn der Kunde die Störung zu ver- treten hat, der Versorgungsausfall auf einer gesetzlich festgelegten Maßnahmen nach dem TKG oder einer sicherheitsbehörd- lichen Anordnung beruht (etwa bei der TK-Sicherung im Katastrophenfall) oder im Fall höherer Gewalt, nicht aber dann, wenn an der Leistungserbringung beteiligte Dritte, wie z.B. Vorleistungslieferanten des TK-Diensteanbieters, ihrenVerpflichtungen nicht nachkommen. Wie auchbei denübrigenEntschä- digungs- oder Erstattungsregelungen kann die demKunden zu erteilende Information auch in einem Verweis auf die gesetzliche Regelung bestehen. Die Erstattungs- und Entschädigungsregelungen müssen nicht im Einzelnen in den Vertragsdokumenten dargestellt werden. Neues gesetzliches Minderungsrecht Ebenfalls neu ist das Minderungsrecht der Verbraucher im Fall erheblicher, kontinu- ierlicher oder regelmäßig wiederkehrender Abweichungen zwischen der vertraglich zugesicherten und der tatsächlich erreichten Geschwindigkeit (Download/Upload) von Internetzugangsdiensten (§ 57 Abs.4TKG). Wann eine „erhebliche Abweichung“ zwi- schen der vertraglich zugesicherten und der tatsächlich erreichten Bandbreite vorliegt und wie diese „erhebliche Abweichung“ ermittelt werden soll, hat die BNetzA in einer Allgemeinverfügung zu § 57 TKG festgelegt. Den Anknüpfungspunkt bieten dabei die in der Vertragszusammenfassung (VZF) und dem Produktinformationsblatt (PIB) anzugebende maximale, minimale und normalerweise zur Verfügung stehende Geschwindigkeit. Der Kunde nimmt hierzu 30 auf mindestens dreiTage und bestimmte zeitliche Abstände verteilteMessungen über das Mess-Tool der Bundesnetzagentur (nur in Formder Desktop-App) oder ein anderes zertifiziertes Mess-Tool vor. Wird dabei die vom Anbieter an- gegebene maximale Geschwindigkeit nicht an mindestens zwei von drei Messtagen jeweils zu 90 Prozent erreicht oder die minimale Geschwindigkeit an mindestens zwei von drei Messtagen jeweils unter- schritten oder wird die normalerweise zur Verfügung stehende Geschwindigkeit nicht in 90 Prozent der Messungen erreicht, so soll dies eine „erhebliche Abweichung“ von der vertraglich zugesagten Geschwindigkeit indizieren. Der Verbraucher hat dann das Recht, das vertraglich vereinbarte Entgelt proportional zur Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten und der tatsächlich gemessenen Leistung zu kürzen. Ist also z.B. eine Geschwindigkeit von 100 Mbit/s im Download vereinbart undwerden nach dem Ergebnis der Messungen im Schnitt nur 50 Mbit/s erreicht, kann der Verbraucher eine Minderung des vereinbarten Entgelts um die Hälfte beanspruchen. Dem TK- Diensteanbieter bleibt die Möglichkeit eines Gegenbeweises, dass die vertraglich vereinbarte Leistung ordnungsgemäß er- bracht worden ist, wofür er die Beweislast trägt. Vertragslaufzeiten Vertragliche Anpassungsnotwendigkeiten werden sich für viele Anbieter auch aus den geänderten Regelungen zu denVertragslauf- zeiten ergeben. Zwar bleibt es bei der im Gesetzgebungsverfahren zwischenzeitlich zwischen denMinisterien hochumstrittenen Mindestlaufzeit von maximal 24Monaten, wobei die Unternehmen verpflichtet sind, Minderungsrecht bei regel- mäßig wiederkehrenden Abweichungen der Internet- Geschwindigkeit Benedikt Kind Das TKG bringt für die Anbieter von Telekommu- nikationsdiensten eine Reihe neuer Verpflichtungen im Verbraucherschutz und erheblichen Anpassungs- aufwand mit sich.
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