NET 12/2022
16 www.net-im-web.de 12/22 Auch bei Katastrophen noch digital kommunizieren ganzheitlicher, moderner Lösungsansatz für ein Netzwerk, das imKatastrophenfall allen Anforderungen vonHilfskräften und Betroffenen gerecht wird“, erklärt Prof. Dr. UlrichTrick, Leiter der Forschungsgruppe und Professor für Telekommunikations- netze. „Die von uns konzipierte Netzinfra- struktur ist nicht nur außergewöhnlich ausfallsicher und passt sich intelligent an die Bedürfnisse der Nutzer/-innen an, sie lässt sich auch sehr schnell und ohne besondere Fachkenntnisse aufbauen. Schließlich ist für Menschen in Not jede Minute lebenswichtig.“ Ernstfall simuliert Bei der Entwicklung des WMN arbei- tete die Forschungsgruppe eng mit dem Technischen Hilfswerk (THW) sowie der Netmodule GmbH aus Eschborn zusam- men, dasTeile derHardware zurVerfügung stellte. Auf dem THW-Übungsgelände in der niedersächsischen Stadt Hoya si- mulierten die Wissenschaftler kürzlich gemeinsam mit THW-Mitarbeitern aus mehreren Bundesländern den Einsatz des WMN im Ernstfall. Der könnte bei- spielsweise so aussehen: Das THW ver- teilt kleine, portable WMN-Router auf dem betroffenen Gelände. Sobald die Router eingeschaltet werden, verbinden sie sich als Knotenpunkte automatisch miteinander und bilden ein stabiles und intelligentes Netz. Dieses WMN ermög- licht es Helfergruppen, Textnachrichten zu verschicken, zu telefonieren, Video- konferenzen abzuhalten oder auchDateien auszutauschen, beispielsweise Lagepläne oder Informationen über Verletzte. „Der Schlüssel zur Optimierung unseresWMN ist die Netzvirtualisierung“, so Prof. Dr. Armin Lehmann, im Projekt verantwort- lich für die Gesamtsystemtechnik und Professor für Programmieren in der Infor- mationstechnik. „Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass wir wesentliche Funktionen des Netzes von der Hardware abkoppeln und virtuell abbilden.“ Gesteuert per Softwaregehirn Gesteuert wird das WMN – und das ist einzigartig – nicht durch einen zentralen Computer. Stattdessen ist der sogenannte Orchestrator – sozusagen das Software- gehirn des Netzes – dezentral über alle Knotenpunkte verteilt und sorgt unter anderem dafür, dass die Akkus, über die das System betrieben wird, gleichmäßig ausgelastet werden. So haben sie eine mög- lichst lange Laufzeit. Daneben kann der Orchestrator benötigte Funktionen näher an denOrt der Nutzung verschieben. Falls etwa eine größere Gruppe von Personen auf einenWebserver zugreifen muss, lässt das Netz diesen Webserver zum Knoten- punkt wandern, der am nächsten bei den Betreffenden liegt. Auf diese Weise stellt das Netz seine eigene Nutzungsqualität sicher. Das WMN lässt sich flexibel er- weitern und umfasst neben dem zugangs- beschränkten auch einen offenen Bereich, in den sich zum Beispiel Verschüttete einwählen können, um auf sich aufmerk- sam zu machen. Wie geht es weiter? Das Forschungsprojekt hatte eine Laufzeit von vier Jahren undwurde vomBundesmi- nisterium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderlinie „IngenieurNach- wuchs –Kooperative Promotionen, Förder- runde 2016“ des Programms „Forschung an Fachhochschulen“ mit 570.000 € unterstützt. Damit ist aber nicht Schluss: Die Forschung an demThemenfeld geht weiter. Zurzeit arbeitet die Forschungs- gruppe daran, das Netz noch resilienter zu machen. Wenn einer der Knotenpunkte zerstört wird, etwa durch ein Nachbeben, sollen andere Knotenpunkte seine Funk- tionen übernehmen können. „DasThema Kommunikation in Katastrophenfällen ist und bleibt leider aktuell“, so Trick. „Wir hoffen, mit unserer Forschung einen ent- scheidenden Beitrag leisten zu können, damit im Ernstfall künftig noch mehr Menschenleben gerettet werden.“ www.frankfurt-university.de/fb2 https://www.e-technik.org/ Die von uns konzipierte Netzinfrastruktur lässt sich schnell und ohne besondere Fachkenntnisse aufbauen Auf dem THW-Übungsgelände in Hoya simulierten die Wissenschaftler gemeinsam mit THW-Mitarbeitern aus mehreren Bundesländern den Einsatz des Wireless Mesh Network im Ernstfall (Foto: THW)
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