NET 12/2022

26 www.net-im-web.de 12/22 D I G I TA L I S I ERUNG ENERG I EWENDE Andreas Viehhauser ist Managing Partner bei Reqpool Andreas Viehhauser Die Energiewende kann nicht ohne entsprechende Informationstechnik gelingen. Doch bisher füllt sie eher die Rolle als reiner „Erfüllungsge - hilfe“ aus, nicht als „strategischer Treiber“ des Konzernwachstums. Hier muss ein Umdenken erfolgen, um das bisher ungenutzte Digitali- sierungspotenzial der IT für Ener- gieunternehmen zu erschließen. „Die IT muss vom Hausmeister zum CEO werden“ Energieunternehmen haben Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung Die Zukunft könnte so aus- sehen:Millionen kleine und große Heimspeicher beim Verbraucher sowie E-Autos entlasten Trans- formatoren in Wohnstraßen und nehmen Spitzenlast beim Ein- und Ausspeisen aus dem Netz. Der Strom ist grün. Alles ist „E“. Wohnen und Heizen werden über diese Spei- cherkapazitäten ausschließlich mit grünem Strom und aus regenerativen Energien ge- währleistet. Industrielle Fertigung wird mit Wasserstoff aus grünen Quellen betrieben – die es natürlich noch zu finden und auch hierzulande aufzubauen gilt. Die Bürger produzieren über eigene Photovoltaikanlagen und Beteiligungen an regionalen Energieparks in weitenTeilen selbst Energie. Gesteuert wird alles über moderne Haustechnik, die mit der IT der Energiever- sorgungsunternehmen (EVU) vernetzt ist und intelligent kommuniziert. Der Verbraucher ist zwar noch Kunde seines zuständigen EVU, aber er steuert seine Tarife, Dienstleistungs- bedarfe und Services selbst – mittels Maus- klick oder App. Die EVUs wiederum sind selbstfahrende Unternehmen, deren Produkte und Leistungen weitgehend autonom mit- tels Softwarealgorithmen und künstlicher Intelligenz gesteuert und angepasst werden. Die notwendigen Daten dafür liefert unter anderem eine Echtzeitüberwachung der Net- ze, der Verbräuche, der Kundenbedarfe, der Energiepreisbörsen, der Wettervorhersagen und anderer marktrelevanter Faktoren. Das ist die Zukunft einer gelungenen Energiewen- de und einer zugleich gelungenen digitalen Transformation. Digitalisierung noch wenig visionär Doch der Weg dorthin ist lang und steinig. Denn die Realität sieht so aus: Der Digitali- sierungsnachholbedarf in den EVU ist riesig. Zwar sind diese grundsätzlich sehr technik- affin, imVergleich zu anderen Branchen sind sie jedoch überwiegend auf reine Effizienz und Versorgungssicherheit getrimmt und konnten in der Vergangenheit personell und umsatztechnisch durch natürliche Markt- grenzen kaum wachsen. Daher fehlt ihnen der Unterbau an jungen und digitalaffinen Mitarbeitern, die einen digitalen Wandel gestalten könnten. Die Kosten für externe IT-Kräfte sind derzeit hoch, zudem müssen bei den meist teilöffentlichen EVU fast alle Leistungen mühsam und langwierig ausge- schrieben werden – ein Nachteil gegenüber der freienWirtschaft. Die Verfügbarkeit von IT-Experten am Markt ist zudem ohnehin sehr eingeschränkt. Das gilt für Berater, Soft- warehäuser, Integratoren sowie den freien Arbeitsmarkt an sich. EVU mit besten Voraussetzungen EVU haben ein stabiles, erst in den letzten Jahren durch Marktrollentrennung und Li- beralisierung aufbrechendes Geschäftsmodell. Andreas Viehhauser Andreas Viehhauser ist Experte für die Digitalisie- rung in der Energiebranche und Managing Partner bei Reqpool, einer Managementberatung für Soft- ware im deutschsprachigen Raum

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