NET 12/2024
24 www.net-im-web.de 12/24 Bedeutungsverlust trotz Wachstum Betreiber, die Abwärme nutzen, ist aber insgesamt deutlich angestiegen, in einer Befragung im Jahr 2019 lag er noch bei 39 Prozent. Als größte Hürde für die Abwärmenutzung wird aus Sicht der Betreiber das Fehlen der Abnehmer für die Abwärme angegeben. Rohleder: „Viele Rechenzentren würden ihre Abwärme sogar kostenlos abgeben. Vielerorts gibt es die dafür nötigen modernen Wärme- netze jedoch nicht. Dass neue Rechen- zentren aktuell nur noch dort angesiedelt werden können, wo solche Wärmenetze vorhanden oder verbindlich vorgesehen sind, schränkt die Ausbaumöglichkeiten unverhältnismäßig ein. Rechenzentren werden dort gebraucht, wo ein hoher Be- darf anRechenpower besteht. Mit solchen Vorgaben, die weit über die bestehenden EU-Regelungen hinausschießen, konter- kartiert Deutschland die Bemühungen, die digitale Infrastruktur auszubauen und ihre Resilienz zu steigern.“ Frankfurt ist beliebtester Standort Wo siedeln sich Rechenzentren aktuell be- vorzugt an? DieMetropolregion Frankfurt mit umliegendemRhein-Main-Gebiet ist weiterhinDeutschlands Rechenzentrums- Standort Nummer 1: Aktuell konzentriert sich hier eine IT-Anschlussleistung von rund 1.050 MW, was mehr als einem Drittel der deutschenGesamtleistung ent- spricht. In dieser Region wird das größte Wachstum erwartet, aktuelle Planungen gehen von 1.800 zusätzlichen MW aus. Auch Berlin-Brandenburg entwickelt sich immer mehr zu einem bedeutenden Rechenzentrumsstandort, bleibt dabei jedoch noch immer weit hinter Frankfurt zurück: 140 MW IT-Anschlussleistung gibt es rund um die deutsche Hauptstadt imMoment, weitere 900 MW kommen in Kürze hinzu. Auch das Rheinland gewinnt darüber hinaus an Bedeutung, ebenso wie die Großräume München und Hamburg. Für die Betreiber ist eine zuverlässige Stromversorgung der wichtigste Stand- ortfaktor. Bei diesemKriterium schneidet Deutschland im internationalen Ver- gleich sehr gut ab. Besonders wichtige Standortfaktoren, bei denenDeutschland sehr gut bewertet wird, sind auch die Anbindung an Internetknoten und der Datenschutz. Deutliche Standortnachteile werden hinsichtlich der Stromkosten, der langwierigen und bürokratischen Genehmigungsprozesse, regulatorischer Vorgaben und fehlender verfügbarer Fach- kräfte gesehen. Bitkom fordert Aktionsplan Um den Standort Deutschland insge- samt zu fördern und für Rechenzen- trums-Betreiber attraktiv zu machen, fordert Bitkom einen „Aktionsplan Re- chenzentren“. Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: „Die kommende Bundesregierung muss die Rechenzen- tren in Deutschland nachhaltig stärken, um im Wettbewerb zu bestehen. Dafür braucht es die richtigen regulatorischen Voraussetzungen, niedrigere Stromkosten, eine aktive Standortpolitik und optimierte Planungs- und Genehmigungsprozesse.“ Bitkom schlägt imRahmen eines solchen Aktionsplans unter anderem eine Über- arbeitung des Energieeffizienzgesetzes vor, insbesonderemit Blick auf die geforderten Mindeststandards für Energieverbrauchs- effektivität (PUE) und für den Anteil an wiederverwendeter Energie (ERF). Auch müssten die Berichtspflichten mit den EU-Vorgaben harmonisiert werden. Zudem brauche es wettbewerbsfähige Strompreise. „Die im europäischen Vergleich sehr hohen Stromkosten sind aktuell ein entscheidender Standortnachteil für deutsche Rechenzentren“, so Rohleder. Überdies dauerten in anderen EU-Län- dern Genehmigungsverfahren für Re- chenzentren meist nur wenige Wochen, in Deutschland stehen die Betreiber oft jahrelangen Genehmigungs- und Pla- nungsverfahren gegenüber. „Um dem steigenden Bedarf an Rechenzentrums- kapazitäten nachzukommen, müssen Genehmigungs- und Planungsprozesse vereinheitlicht, vereinfacht, digitalisiert und beschleunigt werden“, sagt Rohleder. „Der Rechenzentrumsstandort braucht einen Boost – und zwar schnell. Eine erfolgreiche digitale Transformation von Wirtschaft und Verwaltung ist ohne leis- tungsfähige Rechenzentren nicht zu ma- chen.“ www.bitkom.org In Deutschland sehen die Rechenzentrumsbetreiber deutliche Standortnachteile hinsichtlich der Stromkosten, der langwierigen und bürokratischen Genehmigungsprozesse, regulatorischer Vorgaben und fehlender verfügbarer Fachkräfte (Grafik: Bitkom)
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