NET 3/2021
35 03/21 www.net-im-web.de NE T ZB E TRE I B ER UND - D I ENS T E Digitale Plattformriesen Nationale Regulierer nicht ausbooten Torsten J. Gerpott Mitte Dezember 2020 stellte die Europäische Kommission ihre Vor- schläge für ein Gesetz über digitale Märkte und ein Gesetz über digitale Dienste vor. Sie beinhalten eine Zentralisierung der Regulierung großer Online - plattformen bei der Kommission. Dieser Beitrag zeigt auf, dass die vorgesehene Aufsichtskonzentra- tion auf EU-Ebene nicht überzeugt und entwickelt einen Vorschlag, wie nationale Behörden der EU- Mitgliedstaaten, die bislang mit der Regulierung großer Online - plattformen betraut sind, stärker in die Beaufsichtigung dieser Unternehmen eingebunden bleiben sollten. Mit Blick auf Deutschland kommt er zu dem Schluss, dass die Bundesnetzagentur oder das Bundeskartellamt die Rolle als federführender Spieler gegen- über der Kommission übernehmen sollten. Kurz vor dem letzten Weihnachtsfest hielt die Europäische Kom- mission eine besondere Bescherung für Betreiber digitaler Plattformen bereit. Am 15. Dezember 2020 veröffentlichte sie zwei Gesetzesentwürfe, den „Digital Markets Act“ (DMA) und den „Digital Services Act” (DSA), die nachVerabschiedung durch das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union (EU) in allen Mitgliedsländern der EU baldmöglichst ohne weitere nationale Umsetzungsschritte rechtlich bindend werden sollen. Neue Pflichten Der DMA unterwirft Anbieter von Ver- mittlungs-, Such-, sozialen Netzwerk-, Medienteil-, rufnummernunabhängigen Messaging- und Cloud-Diensten sowie von Betriebssystemen für vernetzbare elektroni- sche Geräte bestimmten Verhaltensgeboten und -verboten im Umgang mit Unterneh- men, um den fairen Wettbewerb bei diesen Diensten und Systemen zu stärken. Die Pflichten sollen überwiegend nur für digitale Torwächter (Gatekeeper) gelten. Damit sind große Plattformbetreiber gemeint, die • einen Jahresumsatz von mehr als 6,5 Mrd. € oder einen Kapitalmarktwert von mindestens 65 Mrd. € erzielen; • in mindestens drei EU-Ländern aktiv sind; • proMonat mehr als 45Mio. aktive priva- te Endnutzer oder im letzten Geschäfts- jahr mehr als 10.000 aktive geschäftliche Nutzer eines Dienstes aufweisen. Univ.-Prof. Dr. Torsten J. Gerpott leitet den Lehrstuhl für Unternehmens- und Technologieplanung an der Mer- cator School of Management Duisburg der Universität Duisburg-Essen Die Europäische Kommission konkretisiert in neuen Gesetzes- vorschlägen über digitale Märkte und digitale Dienste ihre Vision einer Zentralisierung der Regulierung großer Digitalkonzerne (Foto: USA-Reiseblogger, Pixabay)
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