NET 3/2021

36 www.net-im-web.de 03/21 Digitale Plattformriesen Praktisch zielt der DMA darauf, Selbstbe- günstigungen und Zugangsverweigerungen vor allemvonGoogle, Apple, Facebook und Amazon (Gafa) sowie AirBnB, Booking. com, Ebay, Microsoft und Uber zu ver- meiden, um so dieMarktmacht der großen, ganz überwiegend in denUSAbeheimateten Digitalkonzerne zu beschränken. Mit dem DSA adressiert die Kommission Anbieter von digitalen Ver- mittlungsdiensten imAllgemeinen und von größeren Onlineplattformen zum Teilen nutzergenerierter Inhalte mit mindestens 50 Mitarbeitern und mehr als 10 Mio. € Umsatz bzw. Bilanzsumme im letzten Ge- schäftsjahr imBesonderen. Sehr große On- lineplattformen (SGOP) mit mindestens 45 Mio. aktivenNutzern proMonat, bei denen es sich mehrheitlich um dieselben Unter- nehmen handeln dürfte, die gemäß DMA als Gatekeeper einzustufen sind und deren Zahl in der EU die Kommission mit bis zu 25 schätzt, werden zusätzlich reguliert. Kapitel III des Gesetzes, das sich ausdrück- lich eine Modernisierung der im Jahr 2000 in Kraft getretenen E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EC auf die Fahne schreibt, macht in 28 Artikeln Vorgaben zur Haftung der- artiger Digitalunternehmen für über ihre Plattformen verbreitete Inhalte (Bild, Ton, Text) sowie zu Maßnahmen, die zur Siche- rung vonTransparenz (z.B. Veröffentlichung von Prinzipien der Inhaltemoderation und algorithmenbasierter Entscheidungen), Vermeidung der Verbreitung illegaler In- halte (z.B. Hassreden, urheberrechtlich geschützte Inhalte), Identifizierbarkeit von Händlern und Erkennbarkeit vonWerbung/ Werbern zu treffen sind. SGOP werden zusätzlich mit Pflichten u.a. zur Sicherung vonTransparenz bei Empfehlungssystemen und Werbung sowie zur Gewährung von Datenzugang zu Aufsichts- und Forschungs- zwecken belastet. Durch die Auflagen will der DSA eine durchschaubare und sichere Onlineumgebung für Nutzer größerer und sehr großer Plattformen schaffen. Zentralisierte Entscheidungsmacht In Publikums- und Fachmedien haben die beiden Kommissionsentwürfe ein erhebli- ches Echo hervorgerufen. Die Debatte kon- zentriert sich darauf, inwiefern die Gebote und Verbote ausreichen, umWettbewerbs- vorteile großer Digitalkonzerne zu begren- zen, verdeckte Meinungsmanipulationen zu erschweren und Meinungsvielfalt bei gleichzeitiger Vermeidung von Hassreden und Desinformation zu sichern. Kaum diskutiert wird hingegen, welche Rollen nationale Wettbewerbs-, Netz-, Medien-, Datenschutz- undVerbraucherschutzbehör- den der EU-Mitglieder bei der Regulierung vonGatekeepern und SGOP angesichts der Gesetzesinitiativen der Kommission noch übernehmen sollten. Der DMA sieht vor, dass die Aufsicht über die Einhaltung der Vorgaben für Gatekeeper und die Entwicklung von Abhilfemaß- nahmen bei Verstößen allein der Kom- mission obliegt. Sie erhält zusätzlich die Kompetenz, auf Antrag eines Gatekeepers Pflichten auszusetzen, sofern diese dessen ökonomische Überlebensfähigkeit bedro- hen oder ein Auflagenverzicht aufgrund vorrangiger Gemeinwohlbelange angezeigt ist. Die vagen Ausnahmekriterien eröffnen der Kommission große Entscheidungsspiel- räume und verleihen ihr im Verbund mit derMöglichkeit, Gatekeepern bei systemati- schen Pflichtverstößen Abhilfemaßnahmen oder Bußgelder in Höhe von bis zu 10 % des Jahresumsatzes aufzuerlegen, enorme Macht, eigene wettbewerbs-, medien-, ur- heberrechts-, datenschutz- und verbraucher- politischeVorstellungen bei der Regulierung von Digitalkonzernen durchzusetzen. Sie muss dabei nur die Stellungnahme eines Ausschusses, in den jeder Mitgliedstaat Der „Digital Markets Act“ unterwirft Plattformen Ver- haltensge- und verboten im Umgang mit Unternehmen, um den fairen Wettbewerb bei Onlinediensten und -systemen zu stärken (Foto: Kevin Phillips,Pixabay) Die vagen Ausnahmekrite- rien geben der Kommission Entscheidungsspielräume und enorme Macht

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