NET 3/2021

37 03/21 www.net-im-web.de Digitale Plattformriesen einen Vertreter entsendet, „so weit wie möglich“ berücksichtigen. Gemäß DSA ist von jedem EU- Mitglied mindestens eine Behörde zu be- stimmen, die als Koordinator für digitale Dienste die nationale Durchsetzung des Gesetzes verantwortet, soweit es nicht um SGOP geht. Für Letztere behält sich die Kommission vor, nach formaler Feststellung des Vorliegens einer Rechtsverletzung durch eine SGOP selbst Entscheidungen über dringliche, zeitlich zu befristende Gegen- maßnahmen und Bußgelder, die sich auf bis zu 6%des Jahresumsatzes belaufen dürfen, zu treffen. Bei der Vorbereitung solcher Ent- scheidungen muss sie sich zwar von einem europäischen Ausschuss für digitaleDienste, in den jedes EU-Mitglied den nationalen Koordinator für digitale Dienste entsendet, beraten lassen. Sie ist aber nicht verpflichtet, sich an Ausschussempfehlungen zu halten, und hat nicht einmal zu begründen, wenn sie von solchen Empfehlungen abweicht. Ein Indiz dafür, dass die Kom- mission beabsichtigt, die Aufsicht und Regulierung großer Digitalunternehmen nach dem DSA und dem DMA vorbei an den nationalenBehörden der EU-Mitglieder weitgehend imAlleingang zu übernehmen, ist, dass sie hierfür ab 2025 die Einrichtung von insgesamt 87 Vollzeitstellen und ex- terne Ressourcen in einem Umfang, der 43 Vollzeitstellen entspricht, fordert. Der Machtzuwachs der Kommis- sion durch die beiden Gesetze erleichtert zwar eine konsistente Überwachung und Beeinflussung von Digitalkonzernen. Pro- blematisch ist jedoch, dass infolge der Zen- tralisierung der Regulierung auf europäi- scher Ebene nationale politische Vorstellun- gen, über Jahre akkumulierte Fachkennt- nisse nationaler Behörden und nationale Fallbesonderheiten kaumnoch hinreichend berücksichtigt werden dürften. Außerdem hat die Kommission in der Vergangenheit nicht gerade überzeugend demonstriert, dass sie dazu fähig ist, schnell bei großen Digital- unternehmen Korrekturen unerwünschter Geschäftspraktiken zu bewirken oder diese gar vorbeugend zu verhindern. Deshalb sollten imweiterenGesetzgebungsverfahren der DMA und DSA so geändert werden, dass kompetente nationale Behörden der EU-Mitglieder, die bislang mit der Re- gulierung von Gatekeepern bzw. SGOP betraut sind, stärker in die Beaufsichtigung und Beeinflussung dieser Unternehmen eingebunden werden. Konkret sind für eine solche Ein- bindung drei Hebel geeignet: Amazon beschränkt seine Aktivitäten nicht mehr nur auf das Internet und den Onlinehandel. So werden sukzessive aus einem kleinen Pop-up-Store immer mehr stationäre Läden, in denen Waren auch vor Ort gekauft werden können (Foto: Amazon) Sehr große Onlineplattformen wie Google mit mindestens 45 Mio. aktiven Nutzern pro Monat, bei denen es sich mehrheitlich um Gatekeeper gemäß DMA handeln dürfte, sollen durch die EU künftig stärker reguliert werden (Bild: Google) Es besteht die Gefahr, dass nationale Besonderheiten kaum noch berücksichtigt werden

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