NET 3/2021

38 www.net-im-web.de 03/21 Digitale Plattformriesen Erstens sollten die EU-Mitglieder über ihre federführende nationale Regulierungs- behörde für große Digitalunternehmen ein Widerspruchsrecht gegen Kommis- sionsentscheidungen zur Aussetzung von DMA-Verpflichtungen sowie zu Abhilfe- maßnahmen und Bußgeldern bei Norm- verstößen erhalten. Zweitens sollte den für Gatekeeper bzw. SGOP jeweils national zuständigen Auf- sichtsinstitutionen ein Initiativrecht ein- geräumt werden, das es ihnen ermöglicht, bei schwerwiegenden Regelverstößen großer Digitalkonzerne zusätzlich zur Kommission länderübergreifend bindende Gegenmaß- nahmen und Bußgelder aufzuerlegen. Die Widerspruchs- und Initiativrechte sind so anzulegen, dass nationale Partikular- interessen die Regulierung nicht destruktiv behindern. Dies ist möglich, indem wirk- same Widersprüche und Initiativen daran geknüpft werden, dass sie mindestens von der Hälfte der Digitalregulierer in den Staa- ten, in denen der betroffene Anbieter aktiv ist, unterstützt werden und diese Hälfte auf Länder entfällt, in denen insgesamt mindes- tens 20%der EU-Bevölkerung leben. Durch diese Bedingungen wird sichergestellt, dass Interventionen der Kommission nicht durch einzelne bevölkerungsstarke EU-Mitglieder blockiert werden bzw. auf nationaler Ebene nur ergänzt werden können, wenn sie von Regulierungsbehörden aus mindestens zwei großen Ländern getragen werden. Drittens sollten nationale Regulierer das Recht erhalten, fallbezogene Marktdaten beizusteuern, die von der Kommission bei Interventionen umfassend zu beachten sind. Aufseher für Digitalkonzerne Hinsichtlich der umrissenen zusätzlichen Rechte stellt sich auf nationaler Ebene auch für Deutschland die Frage, welche Institution die federführende Rolle bei deren Ausübung übernehmen sollte. Hier sind zwei Strategien zu unterscheiden. Zum einen kann eine neue Orga- nisation geschaffen werden. Entsprechend hatte die vom Bundeswirtschaftsminis- terium eingesetzte Kommission „Wett- bewerbsrecht 4.0“ bereits 2019 angeregt, ein „Bundesinstitut für Digitalisierung“ zu gründen. Vorteil dieser Option ist, dass die neue Institution breit auf die FelderWettbe- werbs-, Verbraucher-, Urheber-, Daten- und Medienqualitätsschutz ausgerichtet werden kann. Damit würde sie die Komplexität der Regulierung internationaler Digitalkonzer- ne besser abbilden undwäre als neuer Spieler im Institutionenwettbewerb eher dazu in der Lage, eingetretene Pfade zu verlassen als vorhandene thematisch enger spezialisierte Behörden (s.u.). Hingegen spricht gegen die erste Strategie, dass die Etablierung einer neuen Behörde erfahrungsgemäß Von Google Maps und Google StreetView gesammelte Daten können zur Behinderung und Ausgrenzung von Wettbewerbern führen (Foto: Dominic Wunderlich, Pixabay) Auch andere Unternehmen jenseits von Google und Amazon entwickeln sich zu mächtigen Anbietern im Onlinegeschäft. AirBnB beispielsweise ist zu einem einflussreichen Plattformriesen geworden (Foto: AirBnB) Nationale Partikularin- teressen dürfen die Regu- lierung nicht destruktiv behindern

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