NET 3 2022
20 www.net-im-web.de 3/22 ergänzt werden. Selbst wenn der vorläufige Förderbescheid ergangen ist, ist es möglich, weitere Adressen hinzuzufügen, damit sie in der Planung und Kostenkalkulation be- rücksichtigt werden können. Etwas problematischer wird dies im Rahmen des anschließenden Ausschreibungs- verfahrens. Die meisten Ausschreibungen in Deutschland werden im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens durchgeführt. Dies umfasst zunächst den EU-weitenTeilnahme- wettbewerb, mit dem der Kreis der Bewerber auf eine kleine Anzahl reduziert werden soll, um das weitere Verfahren einfacher gestalten zu können. Wenn man zu diesem Zeitpunkt vergessene Adressen nachtragen möchte, verändert dies die Ausschreibungs- bedingungen und man muss sich genau überlegen, ob und wie diese Adressen noch aufgenommen werden können. Ist der Auf- trag dann erteilt – und sei es auch vorläufig – wird die Lage noch schwieriger. Denn dann greifen die vergaberechtlichen Folgen. So ist es rechtliche Praxis, dass eine Nichtein- haltung des Vergaberechts festgestellt wird, sobald die ausgeschriebene Gesamtsumme um mehr als 10 % überschritten wird. Hier greift die „rechtliche Fiktion“, dass sich viel mehr Unternehmen am Verfahren beteiligt hätten, wäre die höhere Summe als Basis herangezogen worden. Der „Worst Case“ tritt schließlich ein, wenn während der Bauphase „vergessene Adressen“ entdeckt werden. Denn zum einen werden zu diesem Zeitpunkt bereits die Kosten je nach Baufortschritt und auf Basis der Planung abgerechnet, von der man auch nicht mehr einfach abweichen kann. Zum anderen ist der Eigentümer einer Liegen- schaft, die nicht berücksichtigt wurde und damit auch nach dem Ende der Baumaß- nahmen nicht an das Netz angeschlossen ist, in der Regel wenig begeistert und tut das auch gerne öffentlich kund. Deswegen ist es unbedingt nötig, alle vergessenen Adressen bereits zumPlanungsbeginn erfasst zu haben – also mehrere Monate vor dem Baustart. Ursachen für vergessene Adressen Ein immer wieder auftretendes Problemsind eingescannte Karten, die als Planungsgrund- lage für ein Glasfasernetzes herangezogen werden und oftmals die Basis für hochkom- plexe Datenbanken der Netzbetreiber sind. Beim Einscannen kommt es oft zu einem „Blattkantenversatz“: Papierbasierte Pläne werden nebeneinandergelegt, verrutschen etwas, so dass sich die Blätter überlappen. Und schon ist ein tatsächlich existierendes Gebäude einfach verschwunden – und in der Datenbank falsch zugeordnet. Auch wenn die alten Pläne vor dem Scan falsch gelagert wurden und durch eindringende Feuchtigkeit wellig geworden sind, kann dies ähnliche Folgen haben. Aber auch die digital vorliegenden Daten, wie etwa die des Amtlichen Liegen- schaftskatasterinformationssystems ALKIS, können durchaus fehlerhaft sein. Die Ur- sache für diese unvollständigen Adress- daten liegt in unserem föderalen System. Denn die erste Erfassung erfolgt immer auf der untersten, also der kommunalen Ebene. Meist werden diese Daten dann an das eigene oder an das Kreiskatasteramt übermittelt und gehen danach von dort an das jeweilige Landesvermessungsamt. Die Landesvermessungsämter schließlich spielen diese Daten an das Bundesamt für Geodäsie weiter. Hier werden sie noch- mals zusammengefasst und am Ende im Rahmen des Markterkundungsverfahrens den Projektträgern zur Verfügung gestellt. Natürlich gibt es immer auch einen zeit- lichen Versatz, wenn Daten über so vie- le Stationen übermittelt und verarbeitet werden. Und dieser zeitliche Versatz kann durchaus mehrere Jahre umfassen. Das führt nicht selten dazu, dass den Projektträgern nicht der aktuelle Stand als Planungsbasis zur Verfügung steht. Eine weitere Ursache für verges- sene Adressen ist das Problem der Neben- gebäude. Zwar ist gesetzlich vorgeschrie- ben, dass ein Gebäude (z.B. Wohnhaus) mit einer von der Gemeinde festgelegten Hausnummer zu versehen ist – aber eben oftmals nur eines auf dem Grundstück. Dort befindliche Nebengebäude wie etwa eine Scheune haben in der Regel keine eigene Adresse. Dies gilt insbesondere für Hofanlagen: Hier werden imLaufe der Jahre oft neue Gebäude errichtet oder andere umgebaut – etwa für die Nutzung als Büro. So kann es passieren, dass einzelne dieser Gebäude keine Hausnummer bekommen, obwohl der Neu- oder Umbau behördlich genehmigt wurde. Manche Gebäude haben aber auch gar keine Adresse, sondern nur einenNamen. Dies ist beispielsweise oftmals bei sogenannten Aussiedlerhöfen der Fall. Das Ergebnis eines Markterkundungsverfahrens (hier eine vereinfachte Darstellung des Ablaufs) ist eine Adressliste der unterversorgten Adressen, die die erste Basis für die weiteren Schritte des formalen Förderverfahrens liefert Graue Flecken und die vergessenen Adressen
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