NET 03/2023

39 www.net-im-web.de 3/23 Vom Hebel der Cloud-Kostenzuordnung Die meisten Cloud-Provider addieren die Datentransferkosten auf den Cloud-Service, bei dem diese anfallen – also auf die Com- pute Resource (virtuelle Maschine) bzw. den Server, der die Daten sendet. In der Regel ist aber der Konsument (derjenige, der die Daten abruft) der Verursacher der Kosten und nicht der Server. Ein Beispiel: Auf einem Server liegen große Videodateien, die verschiedene Nutzer betrachten. Die Datentransferkosten erscheinen auf der Cloud-Rechnung als Be- standteil der Serverkosten und nicht bei den Betrachtern. Dies widerspricht dem verursa- chergerechten Ansatz. Dafür bedarf es weiterer Metriken, die so nicht in der Cloud-Rechnung zu finden sind. Eine geeignete Metrik ist in diesemBeispiel, wie vieleTerabyte Videodaten welches Team konsumiert hat. Lizenzkosten Virtuelle Maschinen in der Cloud werden häufig inklusive aller benötigter Lizenzen angeboten (zum Beispiel Windows-Server). Möglich ist aber auch, eine virtuelleMaschine in der Cloud ohne Lizenz zu beziehen und dann eine eigene Lizenz einzuspielen (zum Beispiel Windows Bring-Your-Own-Licen- se – BYOL). Die virtuellen BYOL-Maschinen werden auf der Cloud-Rechnung eindeutig als solche ausgewiesen und unterscheiden sich im Preis von den Maschinen, die eine Lizenz mitbringen. Für eine verursachergerechte Kos- tenverrechnung müssen also dieWindows-Li- zenzen, die nicht auf der Cloud-Rechnung zu finden sind, auf die BYOL-Maschinen anteilig (je nachMaschinengröße bzw. Lizenzmodell) hinzugerechnet werden. Personalkosten Personalkosten, seien sie für interne oder externe Mitarbeiter, die an der Cloud-Um- gebung arbeiten, müssen ebenfalls gerecht auf die Verursacher der Cloud-Kosten ver- teilt werden. Dazu erstellt die interne IT häufig ein Preismodell und verrechnet eine Service-Charge. In der Praxis sind dafür zumeist zwei Verrechnungsmodelle zu finden: • Einfacher Aufschlag: Auf alle Cloud- Kosten kommen beispielsweise 5 % Aufschlag für die interne IT zur Kos- tendeckung. • Nach Nutzungsdauer: Je nach dem, wie viele Stunden bestimmte Cloud-Ser- vices genutzt wurden, gibt es pro Stunde Nutzung einen Preisaufschlag für den IT-Support. Software as a Service (SaaS) Noch vor ein paar Jahren gab es eine ziemlich klare Trennung zwischen Infrastruktur in der Cloud (IaaS), Plattformen in der Cloud (PaaS) und Software in der Cloud (SaaS). Wurde zunächst nur die Infrastruk- tur (also die virtuelle Maschine) in der Cloud bezogen und die Software (z.B. eine Daten- bank) dann dort installiert, bieten Cloud-Pro- vider schon längst auch PaaS, also zumBeispiel komplette Datenbanken in der Cloud an. Und die Angebote werden immer komplexer. Viele der Cloud-Services sind schon eher zu SaaS zuzurechnen, also eine Software, die in der Cloud vom Public-Cloud-Anbieter vollständig gemanagt und betrieben wird. IaaS, PaaS und SaaS-Software eines Public-Cloud-Anbieters erscheinen typischer- weise alle auf der Cloud-Rechnung und kön- nen über die oben aufgeführten Methoden den Verursachern zugeordnet werden. Es gibt jedoch auch immer noch SaaS-Software, die direkt von den SaaS-Anbietern bezogen wird. Für eine Gesamt-Cloud-Kostenbe- trachtung und -Verrechnung muss jegliche SaaS-Software, unabhängig von ihrer Bezugs- quelle, mit einbezogen werden. Eine reine Betrachtung der Public-Cloud-Rechnung genügt hier nicht. Wertschöpfung zählt Eine verursachergerechte Cloud-Kosten- verteilung ist nicht nur sinnvoll, um die Motivation zumwirtschaftlichen Handeln zu steigern. Wenngleich hier erhebliches Potenzial liegt, das bei großen Unterneh- men schon mal in Millionenhöhe liegen kann. Die Gründe und Treiber für Cloud-Kosten sind relevant für die Heraus- forderung, das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu optimieren. Hohe Kosten sind nicht per se kritisch, etwa, wenn sie durch erfolgreiche Geschäftsmodelle verursacht oder durch neue Entwicklungen getrieben werden. Wichtig ist, das zu wissen und analysieren zu können. Denn erst dann kann sinnvoll steuernd eingegriffen werden – mit dem Fokus auf Wertschöpfung statt auf reine Sparziele. Beispielhaft gezeigt sind hier anfallende Kosten für die Wochenend-Cloud-Nutzung bei verschiedenen Anbietern über einen Zeitraum von 30 Tagen (Bilder: AWS)

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