NET 04/2021
44 www.net-im-web.de 04/21 NE T ZB E TRE I B ER UND - D I ENS T E Paradigmenwechsel Nach Vectoring kommt FTTH 2.0 – der Drang zur Glasfaser wird heftiger Rainer Bücken ist freier Journalist in Berlin Rainer Bücken Über den Weg zur richtigen tele - kommunikativen Infrastruktur wird in Deutschland seit den 1980-er Jahren gestritten. Bis heute. Schließlich führen viele Wege zum schnellsten Bit. Kupfer kontra Glasfaser – ein Paradigmenwech- sel zeichnet sich ab. Dabei geht die Berichterstattung ganz und gar nicht zimperlich mit dem Erreich- ten um – die kritischen Stimmen überwiegen. Dabei hat alles auch historische Ursachen. Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der DeutschenTelekom, begründet imDezember 2020 in der Bonner Telekom-Zentrale via Internet seine Glas- zögerlichkeiten im Rahmen des Netzetags: „Stellen sie sich vor, wir hätten nur 20 % mit Glasfaser versorgt und 80 % hätten Bandbreiten unter 16 Mbit gehabt. Video- konferenzen, das digitale Deutschland hätte in Corona-Zeiten nicht stattgefunden.“ Und trotzdem: Es muss etwas geschehen, das weiß auch die Deutsche Telekom. Die krempelt nun ein weiteres Mal die Ärmel hoch und setzt den Glas- faserausbau wiederholt ganz oben auf die Agenda. In 30 Jahren fertig Eigentlich hätte es mit dem Ausbau schon vor 40 Jahren losgehen können. Bereits bei Bundeskanzler Helmut Schmidt kam während der 21. Kabinettssitzung am 8. April 1981 die Glasfasertechnik auf die Tagesordnung: „Sobald die technischen Voraussetzungen vorliegen, wird die Deut- sche Bundespost … den zügigen Aufbau eines integrierten Breitbandglasfasernetzes vornehmen“, heißt es im Sitzungsprotokoll unter demAktenzeichenB136/51074. Fünf Wochen später legt der damalige Bundes- postminister Kurt Gscheidle (SPD) dem Bundeskabinett einen 30-Jahres-Plan vor. Danach sollte ab 1985 die Bundespost in jedem Jahr ein Dreißigstel des Bundes- gebiets mit Glasfaser verkabeln. Demnach wäre die Bundesrepublik im Jahr 2015 komplett mit Glasfaser versorgt und hätte heute vermutlich das beste Glasfasernetz der Welt. Doch die Zeit bleibt glasfaser- mäßig ungenutzt, Kanzler Helmut Kohl und sein Postminister Christian Schwarz- Schilling lassen in den 1980/90-er Jahren zunächst im Rahmen der sog. Kabelpi- lotprojekte Ludwigshafen, München, Dortmund und Berlin Koaxialleitungen verlegen, zu Kosten, die ein Drittel der Glasfaserverkabelung betragen. Verkabelt wird durch Post bzw. Telekom großflächig – ohne Quorum oder eine Takeup-Rate von 20 oder gar 40 %. (Bild: BMVI)
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