NET 4/2022

17 www.net-im-web.de 04/22 Kai-Oliver Detken Der Energiesektor ist verstärkt Ziel von Cyberangriffen und aufgrund der mit der Digitalisierung einher- gehenden Verbindung der Internet- und Strominfrastruktur anfälliger als das bisherige Energieversor- gungssystem. Angreifern stehen nun sowohl die Angriffsvektoren aus herkömmlichen IT-Umgebun- gen als auch energieanlagenspezi- fische Angriffsmöglichkeiten zur Verfügung. Störungen und Angriffe müssen daher schnell und selbst- ständig identifiziert, Auswirkungen auf das System minimiert und die Fähigkeit entwickelt werden, möglichst schnell in den Normal- zustand zurückzukehren. Diese Problematik wird im BMWI-For- schungsprojekt SecDER aufge - griffen, um ein Störfallinforma- tionssystem (SIS) zu bauen, das dezentrale Energieanlagen und virtuelle Kraftwerke besser schüt- zen soll. Eine wichtige Aufgabe, da auch das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 (IT-SiG 2.0) ab Mai 2023 in den Startlöchern stehen wird. KR I T I SCHE KOMMUN I K AT I ON Im Verbund Vermeidung von Cyberangriffen und Störungen bei virtuellen Kraftwerken Prof. Dr.-Ing. Kai-Oliver Detken ist Geschäftsführer der Decoit GmbH in Bremen Durch die erhöhte De- zentralität der Energie- erzeugung wird die Ag- gregation von Anlagen für die zukünftige Energieversorgung immer entscheidender. Virtuelle Kraftwerke (VK) gelten als zukünf- tige Kraftwerksstruktur, die konventionelle Großkraftwerke ablösen werden. Ein VK bezeichnet hierbei die Bündelung vieler dezentraler Energie- erzeuger, Speicher und Verbraucher zu einem technischen System. Die Daten jeder einzelnen Anlage werden dabei in kurzem zeitlichen Abstand ermittelt und von dem VK verarbeitet. Ein virtuelles Kraftwerk ist daher kein Kraftwerk im herkömmlichen Sinne, sondern besteht aus mehreren Erzeugungsanlagen, Lasten und Speichern, dessen Energie gebündelt ins Stromnetz eingespeist wird. Das VK soll daher aus einemVerbund von erneuerbaren und konventionellen Energien elektrische Leistung verlässlich zur Verfügung stellen (Bild 1). Als Erzeuger können Wind- und Photo- voltaikanlagen oder regelbare Anlagen wie Blockheizkraftwerke, Gas- und Dampf- turbinen, Biogasanlagen oder flexible Verbraucher wie Industriebetriebe und Stromspeicher zum Einsatz kommen. Ziel ist es, erneuerbare Energien zuverlässiger und permanent zur Verfügung stellen zu können. Wie eine Steuerzentrale bündelt ein VK den Strom von vielen kleinen Er- zeugern und speist ihn dort wieder ein, wo er neu vereinbart wurde. Das ist gar nicht so einfach, denn die zur Verfügung stehende Strommenge der angeschlossenen Erzeuger muss bekannt sein. Dafür wird einMonitoring-System benötigt, das jeden einzelnen Erzeuger überwacht. Bei Solar- undWindkraftanlagen müssen dabei auch dieWetterdaten berücksichtigt werden, um Durch die Dezentralität von VK und der damit notwendigen Digitalisierung ist ein Energieversorger heute anfälliger für Cyberangriffe, als das noch bei geschlossenen Großkraft- werken der Fall war (Foto: Pete Linforth, pixabay)

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