NET 4/2022

53 www.net-im-web.de Stärkere Impulse für das Heben von Datenschätzen loads, Informationsdienste in den Be- reichen Finanzen, Verkehr, Gesundheit und Energieverbrauch sowie cloudbasierte Software. Beispielsweise müsste Spoti- fy seinen Abonnenten oder von ihnen ermächtigten Dritten keine Daten zur Verfügung stellen, die über Musikvor- lieben der Nutzer erhoben wurden. Diese Einschränkung des Geltungsumfangs im DA-E sollte aufgegeben werden. Rechtssicherheitsdefizite Zweitens wird der DA-E allenfalls zu einer marginalen Steigerung der Rechtssicherheit beim Zugang führen, weil das Regelwerk an vielen Stellen mit abstrakten, nicht eindeutig zu interpretierenden Rechts- begriffen arbeitet. Beispielsweise bleibt in Art. 3 Abs. 1 unklar, wann ein Produkt so designt ist, dass eine „leichte Zugänglich- keit“ von Einsatzdaten für Produktnutzer gegeben ist. Ähnlich unscharf gibt Art. 4 Abs. 3 vor, dass Hersteller Geschäftsge- heimnisse Nutzern durch Datenzugang nur zu offenbaren haben, wenn Letztere „sämtliche spezifischenMaßnahmen“ zum Geheimnisschutz insbesondere gegenüber Dritten getroffen haben. Hier lässt sich trefflich debattieren, ob im konkreten Fall diese Auflage erfüllt ist. Art. 9 bleibt praktisch brauchbare Hilfestellungen für die Kalkulation kostenorientierter Ent- gelte, die Hersteller von Dritten für den Datenzugang fordern können (s.u.), schul- dig. Ebenso vage verweist Art. 11 Abs. 2 auf die missbräuchliche Ausnutzung offensichtlicher Lücken in der technischen Infrastruktur, die Hersteller zum Schutz vonNutzungsdaten errichtet haben, durch Dritte zum Zweck der Datenerlangung ohne auf konkrete technische Spezifika- tionen zurückzugreifen. Weiter muss der Versuch mit Art. 13 Abs. 2 bis 4, Rechtssi- cherheit durch eine auf Daten empfangen- de kleine und mittelgroße Unternehmen anzuwendende „Black List“ bzw. „Grey List“ von Zugangsvertragsbedingungen, die immer bzw. vermutlich als unfair und deswegen verboten einzustufen sind, als gescheitert gewertet werden. Diese Listen sind zu allgemein und auslegungsbedürftig, als dass sie als stabile Leitplanken dienen könnten. Die Aufzählung der inhaltsarmen Generalklauseln imDA-E kannman leicht auf eine dreistellige Zahl von Positionen erweitern. Solche Vorschriften beseitigen rechtliche Unsicherheiten nicht, weil sie zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geradezu einladen. Deshalb sollte der DA-E so überarbeitet werden, dass er wesentlich präziser (technische) Bedingungen des Datenzugangs und der Datennutzung vorgibt. In gleicher Weise ist es wichtig, in das Gesetz Empfehlungen zu Muster- klauseln für entsprechende Verträge aufzu- nehmen, die Datengebern und -nehmern helfen, eine faire Verteilung von Rechten und Pflichten zu vereinbaren, anstatt mit Art. 34 solche Prototypen außerhalb des Gesetzes in das Gutdünken der Kommis- sion zu stellen. Zu wenig Anreize Drittens schafft der DA-E keine aus- reichenden Anreize für Hersteller, ihre Produkte zu vernetzen, und für Nutzer, ihre Einsatzdaten anDritte weiterzugeben. Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit den Er- wägungsgründen 42, 44 und 45 zwingt Hersteller vernetzter Produkte Nutzungs- daten an Dritte, die kein Großunterneh- men (s.o.) sind, zu einemPreis abzugeben, der die direkten Zugangskosten nicht überschreiten darf. Bei diesen Empfängern können Hersteller keine Gewinne aus dem Datenzugang erzielen. Da 99,4 % der Unternehmen in Deutschland keine Großunternehmen sind, macht es der nicht an weitere Bedingungen geknüpfte Preisdeckel für Hersteller weniger attrak- tiv, vernetzte Produkte zu entwickeln. Für die Forcierung digitaler Geschäftsfelder hilfreicher wäre es, wenn der geplante DA nicht nur Preisobergrenzen erzwingen, sondern außerdem sämtliche gewerbsmä- ßig tätigen Datenempfänger unabhängig von ihrer Größe dazu verpflichten würde, Hersteller an den Gewinnen teilhaben zu lassen, die von Ersteren aufgrund der Einsatzdaten erzielt werden. Ebenso fehlt es imDA-E an Kompensationsrechten für Nutzer vernetzter Produkte. Man setzt darauf, dass Nutzer von ihnen erzeugte Daten weitgehend selbstlos spenden, da- mit Dritte bessere Angebote vermarkten können. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass Nutzer von diesen Verbesserungen Es fehlt an Kompensationsrechten für Nutzer vernetzter Produkte. Man setzt darauf, dass Nutzer von ihnen erzeugte Daten weitgehend selbstlos spenden, damit Dritte bessere Angebote vermarkten können (Foto: Gerd Altmann, pixabay) 04/22

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