NET 4/2023
26 www.net-im-web.de 4/23 uneingeschränkt von einer großen Anzahl mobiler wie auch stationärer Endgeräte gleichzeitig genutzt werden, was eine voll- ständig vernetzte Fertigung ermöglicht. Die 5G-Technik bietet neben extrem kurzen Reaktionszeiten imMillisekunden-Bereich mit Network Slicing zudem eine leistungs- starke Virtualisierung für den parallelen Betrieb unabhängiger Netzverbindungen auf der Basis eines einzigen physikalischen Netzes. Nicht zuletzt liefert 5G auch die notwendige Infrastruktur für cloudnative Architekturen, die auf echtzeitfähigen Edge Servern (aka Fog Servern) gehostet werden, um eine universelle Gerätekommunikation zu ermöglichen. Private 5G-Campusnetze Der Bedarf in der Industrie, hierzu private Campusnetze im 5G-Frequenzspektrum von 3,7 bis 3,8 GHz zu schaffen, wächst enorm, wie auch eine aktuelle Studie von MarketsandMarkets (https://www.market - sandmarkets.com/Market-Reports/5g-en- terprise) zeigt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Kompatibilität unterschiedlicher Mobilfunkstandards bietet hohen Inves- titionsschutz und ermöglicht langfristige Planung.Man ist in puncto des Netzausbaus aber vor allemauch nicht abhängig vonTele- kommunikations-Providern und kann sein Netz bedarfsgerecht in Eigenregie ausbauen und hat ausschließlich eigenen Traffic im Netz. Damit ist eine eigene On-Premise- Infrastruktur einer Nutzung des öffentlichen Mobilfunknetzes klar überlegen. Im 700-MHz-Frequenzband öf- fentlicher Basisstationenwerden zwar Reich- weiten von rund 15 bis 20 km erzielt. Mit einer solchen Abdeckung ermöglichen diese 5G-Funkzellen die vollständige Versorgung von großen Werksgeländen, wie zum Bei- spiel bei einemder größten deutschen Auto- mobilhersteller, der damit seinen Standort in Wolfsburg komplett versorgen könnte – allerdings reichen die damit erzielbaren Datenraten von 100 bis 200 Mbit/s für die innovativen Industrie-4.0-Anwendungen in der digitalen Fertigung bei weitem nicht aus. Private 5G-Campusnetze bieten dem- gegenüber 100 bis 200Mbit/s imUp- sowie rund 200 bis 1.000 Mbit/s im Downstre- am pro Zelle, wobei die Reichweite einer 5G-Mikrozelle allerdings auf etwa 300 m – bei direkter Sichtverbindung auf bis zu 3 km – beschränkt ist. Für die vollständige Versorgung großer Produktionsstandorte ist damit in der Regel eine höhere Anzahl dieser Small Cells, die auch als Femtocells bezeichnet werden, erforderlich. Diese sind sehr klein und kompakt ausgelegt und ent- sprechen in ihren Abmessungen in etwa einem 15“-Laptop (Small Cell) bzw. einem MiniTablet (Femtocell) ohne integrierte Ed- ge-Servertechnik. Die Erhöhung der Anzahl der Zellen steigert gleichzeitig jedoch die in Summe verfügbare Gesamtbandbreite. Zudem kann man über kostengünstige Re- peater die Reichweite einer Zelle vergrößern, so dass sich Performance und Bandbreiten bedarfsgerecht skalieren lassen. Robuster 5G-Edge -Server Verbindet man nun robuste Edge-Ser- vertechnik unmittelbar mit der RAN-In- frastruktur (Radio Access Network) der 5G-Mikrozellen oder integriert sie sogar vollständig, lässt sich Echtzeit-Performance mit geringsten Latenzen realisieren. Auf einer einzigen Hardwareplattform lassen sich hierzu beispielsweise in der 5G-CU (Centralized Unit) über Network Function Virtualization (NFV) sowohl die Edge- Server-Funktionalität als auch die VNF (Virtual Network Functions) gemeinsam bereitstellen. Da sich die Anforderungen an den 5G-Edge-Server je nach Anwendung jedoch unterscheiden können, bieten Ser- ver-on-Modules ein flexibles Konzept zur Skalierung der Performance. Server-on- Modules nach dem neuen PICMG Stan- dard COM-HPC erreichen hierzu bislang unerreichbare Leistungsdimensionen für Field-Deployments in rauem Industrie- und Outdoor-Umfeld. COM-HPC-Module mit Intel Xeon D liefern beispielsweise bis zu 20 Cores, Arbeitsspeicher von bis zu 1 Tbyte auf bis zu acht DRAM-Sockeln und mit 32 PCIe-Gen-4-Lanes sowie bis zu 100GE-Konnektivität (GE – Gigabit Ethernet) eine hohe Performance-Bandbrei- te. Für einen ersten initialen Aufbau eines Campusnetzes mit Backhaul-Packet-Core- Server sowieMidhaul-CU- und -DU-Server bräuchte man insgesamt nur fünf solcher Servermodule. Bislang musste man hierfür eine System- und Rack-Klimatisierung betreiben und konnte solche Server nicht im maschinennahen industriellen Umfeld positionieren. Die aktuell verfügbar ge- wordenen COM-HPC-Module können jedoch bei Temperaturen von -40 bis 85 °C betrieben werden, so dass vollständig auf eine aufwendige und ressourcenintensive Heiz- und Klimatechnik verzichtet werden kann. Sie sind dank BGA-bestückbarer Prozessoren zudem bestens vor Schocks und Vibrationen geschützt. Auch Staub und Kondenswasser sowie Spannungs- schwankungen und elektromagnetische Interferenzen können ihnen nichts anhaben, so dass sie härtesten Einsatzbedingungen gerecht werden können. In den neuen COM-HPC-Pro- zessormodulen ist zudem Time-Sensitive Networking (TSN) bereits nativ integriert. Ein erheblicher Vorteil, da so ein standar- disierter Echtzeit-Datenaustausch und eine durchgängig transparente Kommunikation vom Sensor bis in die Cloud möglich wird – zumBeispiel mittels OPCUA als offenem Echtzeit-Kommunikationsprotokoll. Das erfordert natürlich auch entsprechenden Support innerhalb der 5G-Core-Logik. Eine Arbeitsgruppe des ZVEI, die 5G Alliance for Connected Industries and Automation (5G-ACIA), erarbeitet hierzu gerade ent- sprechende Spezifikationen zur Network Security, den Quality of Services (QoS) sowie zur TSN-Integration. Ziel ist eine im Idealfall jitterfreie isochrone Echtzeit mit Echtzeitfähiges 5G für digitalisierte Fabriken
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