NET 05/2021
35 www.net-im-web.de 05/21 Der Daten-Highway endet im Keller rungen vorgeschrieben. Laut Statistischem Bundesamt wurden von 2017, dem Inkraft- treten des DigiNetz-Gesetzes, bis 2019 rund 865.000Wohnungen neu gebaut oder renoviert. Das entspricht gerade einmal 2 % des Wohnungsbestands. Es wäre utopisch anzunehmen, dass diese 2 % bereits über zukunftsfähige Inhouse-Netze verfügen. Die Deutsche Telekom setzte sehr lange auf die Vectoring- Technik, deren maximale Bandbreiten die vorhandenen Gebäudenetze nicht über- lasten. Und auch die Kabelnetzbetreiber kommen bislang mit ihren Koaxialnetzen gut zurecht. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass eine Ausbauverpflichtung, wie sie die Gesetze vorsehen, wenigDynamik aufweist. In Spanien existiert sie seit 1998, aber bislang wurde „nur“ rund die Hälfte aller Gebäude mit Hochgeschwindigkeitsnetzen ausgestattet. Darüber hinaus wird im neuen Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKMoG) auch nicht festgelegt, wie die Einhaltung dieser Verpflichtung konkret überprüft werden soll. Es ist lediglich von „zuständigen Behörden“ die Rede. „Nicht alle Hauseigentümer werden sich der Ver- pflichtung überhaupt bewusst sein“, schreibt WIK-Geschäftsführerin Schwarz-Schilling. Sie schlägt vor, dieUmsetzung der Verpflich- tung zur Errichtung von Netzen mit sehr hohen Kapazitäten (Very High Capacity – VHC) im Baurecht zu verankern. „Eine entsprechende Planung der hausinternen Infrastruktur könnte etwa eine Voraus- setzung für die Baugenehmigung sein“, so Schwarz-Schilling. Fest steht: Es herrscht Handlungsbedarf, denn eine Ausbauver- pflichtung allein wird nicht ausreichen, damit Inhouse-Netze zukunftsfähig auf- gerüstet werden. Glasfaser oder Koax Nicht nur, dass die Ausbauverpflichtung den Immobilienbestand größtenteils nicht betrifft. Der Gesetzgeber hat auch nicht genauer definiert, was er unter Hochge- schwindigkeitsnetzen versteht. In derTKG- Novelle bleibt er vage. ImGesetzesentwurf ist EU-konform die Rede von Netzen „mit sehr hoher Kapazität“. Darunter versteht der Gesetzgeber ein TK-Netz, „das ent- weder komplett aus Glasfaserkomponenten zumindest bis zum Verteilerpunkt am Ort der Nutzung besteht (FTTB) oder das zu üblichen Spitzenlastzeiten eine ähnliche Netzleistung in Bezug auf die verfügbare Downlink- und Uplink-Bandbreite, Aus- fallsicherheit, fehlerbezogene Parameter, Latenz und Latenzschwankung bieten kann“. Kupferdrahtbasierte Netze sind damit zwar ausgenommen, aber Bauherren bleibt immer noch die Qual der Wahl, welcheTechnik für ihre Belange die richtige ist: FTTH, G.fast, GPON oder Docsis 3.1. Mit dieser Situation hat sich die Unterarbeitsgruppe Inhouse ausgiebig be- schäftigt, die zur AG Digitale Netze im BMVI gehört. Es wurde heftig über die Rolle von Glasfaser- und HFC-Netzen gestritten. Neben dem Steuerkreis Bau- wesen, in dem es u.a. umVerlegemethoden geht, war die aktivste Gruppe innerhalb der AG Digitale Netze die Projektgruppe Technik. Deren Leiter Carsten Engelke, gleichzeitig technischer Direktor des Ka- belnetzbetreiberverbands Anga, bekam aus der PGTechnik über 1.100 E-Mails. Auch wegen der DiskussionGlasfaser kontra Koax entschied sich die Projektgruppe gegen eine Empfehlung für eine Technik. Die Betrachtung der unterschiedlichen Infra- strukturvarianten soll nachVersorgungslage vor Ort erfolgen. Bausteine und Leitfaden Dafür hat die PG Technik nach zweijäh- riger Beratung die Broschüre „Bausteine für Netzinfrastrukturen von Gebäuden“ herausgebracht. Sie enthält eine Entschei- dungsmatrix, anhand der Bauherren auf Grundlage der lokalen Verfügbarkeit von VHC-Verteilnetzen die passende Inhouse- Infrastruktur auswählen können. Dabei wird zwischen drei Breitbandregionen unterschieden, die sich darin unterschei- den, ob in der Region keine, eine oder mindestens zwei VHC-Netzinfrastrukturen vorhanden sind. Zusätzlich hat die Fokusgruppe „DigitaleNetze“ imRahmen des Digitalgip- fels 2020 den Leitfaden zur Errichtung von Glasfasergebäudenetzen veröffentlicht. Er soll als Planungs- und Baudurchführungs- hilfe zur Errichtung von FTTH-Netzen gelten. Hier werden die Anforderungen an Glasfaser-Inhouse-Netze beschrieben: vom Kabelführungssystemüber Brandschutzauf- lagen bis zu den einzelnen Bauteilen sowie Prüf- und Messvorgaben. Keine Anreize für Investitionen Auch wenn durch beide Broschüren tech- nische Rahmenbedingungen für VHC-In- house-Netze geschaffen wurden, bleibt die Fragen unbeantwortet, welcher Anreize es Mirko Paschke Im Gebäude trifft das Verteilnetz bei Bestandsbau- ten zumeist auf ungeschirmte oder geschirmte Kup- ferkabel und Koaxialleitungen. Hier sind Anreize für die Errichtung von VHC-Inhouse-Netzen vonnöten. Eine Ausbauverpflichtung allein reicht nicht aus, um Inhouse-Netze zukunftsfä- hig aufzurüsten
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