NET 5/2022

16 www.net-im-web.de 5/22 Die Pandemie trägt nicht die Schuld Mitarbeitende u.U. verstoßen, wenn sie mit ihrem privaten Handy geschäftliche Inhalte besprechen. Was jedoch nicht berücksichtigt wird, ist, dass es nicht das Konzept ist, das scheitert, sondern dessen Umsetzung. Auch BYOD lässt sich mit wenigen Schritten er- folgreich nutzen. Mittels MDM-Lösungen (Mobile Device Management) kann auf Mobiltelefonen z.B. das sog. Sandboxing angewendet werden. Dadurch sind In- halte in Containern logisch und physisch voneinander getrennt und machen das Smartphone DSGVO-konform. Wenn Arbeitgeber dann noch in eine moderne Endpunkt-Security investieren, die auch den ausgehendenDatenverkehr überwacht, sind die Geräte auch wirksam gesichert. Problem zwei gilt allgemein ange- sichts der aktuellen Bedrohungslage. Denn es ist Zeit für neue Security-Strategien, Unternehmen müssen ihre IT-Strukturen anpassen. Natürlich kommen auf die IT- Verantwortlichen ganz andere Anforde- rungen an Sicherheit zu, wenn Mitarbeiter nicht unter einemDach arbeiten. Das sollte jedoch weder eine Ausrede sein, sich an diese Gegebenheiten anzupassen, noch ein Hindernis für den Unternehmenserfolg. Schließlich investierenVerantwortliche auch anderen Orts in neueTools oder Lösungen. Das dritte und vierte – und oft nicht diskutierte – Problem, warum das Homeoffice-Modell funktioniert oder nicht, sind schlichtweg persönliche Eitelkeit und Kontrolle. Nach demMotto „wer nicht will, der will eben nicht“ gilt: Manche Arbeitge- ber können sich einfach nicht eingestehen, dass Homeoffice trotz aller Widrigkeiten und Hindernisse dennoch funktionieren könnte. Zur Kontrolle sei gesagt: Unterneh- men wurden durch Corona-Verordnungen und Empfehlungen die Entscheidungen abgenommen. Plötzlich mussten Arbeit- geber selbst aktiv Entscheidungen treffen und merkten dabei schnell denWiderstand gegen eine Präsenz im Büro. Erfolg durch Homeoffice Die berühmte Zwickmühle entsteht gerade für solche Unternehmen, die von starken und eher konservativ eingestellten Führungs- kräften geleitet werden: Sollen sie eigene Interessen durchsetzen und schwindenden Rückhalt der Belegschaft in Kauf nehmen inkl. schlechte öffentliche Bewertungen? Oder sollen sie Mitarbeiter nach ihrenWün- schen befragen, um ein gemeinsames Modell zu entwickeln, was wiederumdieGefahr eines gefühltenMachtverlustes birgt – einschließ- lich weiterer, potenzieller Forderungen. Dabei ist gerade ein Dialog die Chance, die positiv auf das Unternehmen zu- rückstrahlt. Allgemeinmuss klargestellt sein, dass alle Maßnahmen zur Umsetzung von Homeoffice nicht als Schreckensaufgaben gesehen werden dürfen. Chefs, die sich von vornherein gegenHomeoffice wehren, haben nicht das richtige Mindset und werden immer mit dem Modell unzufrieden sein. Das Argument, „Never Change a Running System“ gilt eben nicht aus Sicht vonHenry Ford: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“ Es ist hilfreich, die klassische Kom- munikation nicht eins zu eins in die digitale zu übersetzen. Körpersprache und Mimik sind auf menschliche Interaktion trainiert. Manche Berufsgruppen, wieVertriebler oder Berater, sollten daher ausprobieren, wie sie digital wirken, wie ihre wichtigsten Argu- mente ankommen oder wo sie monoton und langweilig scheinen. Dafür kommen neue, digital nutzbare Techniken und Fer- tigkeiten hinzu, die Gespräche erleichtern und analog undenkbar waren. Schließlich gilt, dass durch die neue Arbeitsumgebung die räumlichen und zeit- lichen Barrieren aufgeweicht werden. Statt 40 h pro Woche von 8.00 bis 17.00 Uhr vor dem heimischen PC zu sitzen, bietet es sich geradezu an, den Alltag zu integrieren. DefinierteWochenarbeitszeiten oder Projekt- ziele erlauben es den Mitarbeitern, eigenver- antwortlich zu sein. Das baut enorm Stress ab und steigert die Motivation und Leistungs- bereitschaft. Voraussetzung ist natürlich eine Vertrauensbasis auf beiden Seiten. Welche Veränderungen bleiben? Arbeitgebere können sich nicht mehr hinter der Ausrede verstecken, dass Homeoffice ohnehin nicht funktionieren wird. Ob Arbeit mit Kollegen oder Kunden: Inzwi- schen sind viele kostengünstige oder -freie Softwarelösungen verfügbar. Sales, Mar- keting, Finance und Co. haben bewiesen, dass es funktionieren kann. Sogar in der Bildung wurde in Sachen Digitalisierung eine Entwicklung forciert. Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Gleichzeitig ist das Homeoffice für Arbeitnehmer eine Alternative zum Pendlerleben oder Berufsverkehr. Folglich wird es für Arbeitgeber zumWettbewerbs- faktor. Dies zeigt z.B. auch die Befragung des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt). Dort heißt es: Rund dreiviertel der Befragten, deren Beruf Homeoffice generell zulässt, werden ein geeignetes Homeoffice-Angebot bei der künftigenWahl einer neuen Arbeitsstelle als wichtig ansehen. Denn die Mehrheit der Berufstätigen möchte das für ihreTätigkei- ten bestehende Homeoffice-Potenzial auch nach der Corona-Pandemie weitgehend nutzen. Und: Über die Hälfte wünschen sich, mindestens ab und zu von zu Hause aus arbeiten zu können. Das könnte auch für die über 1,5 Mio. offenen Stellen gelten, die laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung derzeit unbesetzt sind. Wenn Arbeitgeber imWar for Talents attraktive Arbeitsbedin- gungen schaffen müssen, ist Homeoffice ein geeignetes Mittel dafür. Entsprechend würde einer Xing-Studie zur Folge fast die Hälfte der Jobsuchenden einen längeren Arbeitsweg in Kauf nehmen, wenn der neue Arbeitgeber neben Präsenzarbeit auch die regelmäßige Arbeit imHomeoffice ermög- licht.

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