NET 5/2022
3 www.net-im-web.de ED I TOR I A L Politikerinnen und Politiker sind von jeher vor- sichtig beim konkreten Ausformulieren ihrer Ziele, müssen sie sich doch an den vormals genannten Zahlen messen lassen und Rechenschaft darüber ablegen, warum diese nicht erreicht werden konnten. Derzeit kann man dies eventuell bei den aus- gegebenen Standards für eine Internet-Grund- versorgung wieder fein beobachten. Der Ver- sorgungsentwurf über die Mindestvorgaben für das Recht auf Ver- sorgung mit Telekommunikationsdiensten (TKMV) sieht dafür eine Mindestbandbreite von 10 Mbit/s im Download und 1,3 Mbit/s im Upload sowie eine Latenzzeit von maximal 150 ms vor. Ernsthaft? Zwar soll die Mindestbandbreite für den Upload schon auf 1,7 Mbit/s hochgehandelt worden sein, aber auch damit befinden wir uns noch im tiefsten ADSL-Zeitalter. Die Zahlen für den Up- und Download sorgen trotz allem für nicht halb so viel Kritik wie die begrenzte Latenzzeit. Wie auch? Die von den Mitgliedsunternehmen der entsprechendenVerbände republikweit ausgerollten Glasfasernetze erfüllen die 10 Mbit/s und 1,7 Mbit/s per se. Fährt man mal durch das Umland von Berlin, erfährt man vielerorts auf Plakaten, dass DNS:NET dort schnelles Internet mit möglichen 2,5 Gbit/s ausbaut. An der begrenzten Latenzzeit jedoch er- hitzen sich die Gemüter. Würde sie doch den Einsatz geostationärer Satelliten für die Internet-Grundver- sorgung ausschließen. Lediglich heute noch teure Meo- und Leo-Satelliten würden dafür in Frage kommen. Für Bitkom-Präsident Achim Berg rückt mit dem neuen Vorschlag zur Internet-Grundver- sorgung das „eigentliche Ziel, alle Haushalte mit hoch leistungsfähigem Internet zu versorgen, in die Ferne.“ Gerade in Zeiten knapper Baukapazitäten und damit steigender Kosten für den Breitbandausbau könnten mit Satelliteninternet schnell und einfach die Lücken geschlossen werden, wo eine Versorgung mit Festnetz oder Mobilfunk sehr langwierig und extrem teuer ist. EinNacharbeiten des Entwurfs ist daher für die Telekommunikationsverbände und den Bitkom unerlässlich. Sie fordern, dass zumindest für eine Übergangszeit etwas höhere Latenzzeiten zugelassen werden, die auch von geostationären Satelliten erreicht werden können. Jürgen Grützner, Geschäftsführer vom VATM, befürchtet gar, dass der De-facto-Aus- schluss geostationärer Satelliten die Pläne für einen möglichst schnellen Glasfaserausbau in Deutsch- land gefährde, da ohnehin knappe Baukapazitäten umpriorisiert werden müssten und statt Glasfaser übergangsweise alte Kupfernetze erweitert werden müssen.“ Das kann aber niemand wirklich wollen. „Nurmit Einbeziehung von Satelliteninternet schaffen wir es, die digitale Teilhabe für alle Bürgerinnen und Bürger schnell und unbürokratisch sicherzustellen, ohne den Glasfaserausbau … infrage zu stellen“, erklärt der Breko dazu. Noch aber ist wohl das letzte Wort der Politik dazu noch nicht gesprochen. Ihre Brigitte Kasper brigitte.kasper@NET-im-web.de Wie viel darf’s sein? 5/22
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