NET 05/2023
5/23 LTE450 für kritische Infrastrukturen systeme ebenso wie die Integration von Smart Metern, Gateways und Sensoren. Diese Voraussetzung für eine intelligente, automatisierte und netzdienliche Steuerung der Assets sei, so Giessing, „über öffentliche Mobilfunknetze nicht ohne weiteres reali- sier- und über Glasfaser nicht finanzierbar“. 2023 soll LTE450 in den ersten Regionen verfügbar sein, 2025 dann deutschlandweit – gerade einmal vier Jahre nach demfinalen Zuschlag für die 450-MHz-Frequenzen durch die Bundesnetzagentur. Das Konzept einer sicheren und robusten Plattform für die Betreiber kritischer Infrastrukturen allerdings reicht bereits länger zurück in die Zeit der 3G-Technik CDMA. Nicht zählen, sondern steuern Dr. Jürgen Tusch hat 2019 die ersten Tests der 450-MHz-Frequenzen durchgeführt – gemeinsam mit 450Connect und einem technischen Ausrüster. Damals war er Be- reichsleiterTelekommunikation bei Innogy; heute gibt er als Berater seine Erfahrungen an Energieunternehmenweiter, die LTE450 implementieren wollen. Immer wieder legt er dabei den Fokus auf die Anwendung und konkrete Use Cases: „Nicht zählen, sondern steuern“ sei das Ziel, „vor allem, um die fluktuierende dezentrale Einspei- sung und den Verbrauch in Einklang zu bringen“. Der technische Aufwand bei der Implementierung sei berechtigt, denn „Versorgungssicherheit ist mit großen An- strengungen verbunden“. Als Proof of Concept realisierte er mit seinem Team im – immer noch aktiven – Testfeld unter anderem die Steuerung vonWKA und die Einbindung von Smart Metern. Ergebnis: Die sich aus den ver- schiedenen Use Cases ergebenden Kom- munikationsbedarfe werde LTE450 auch unter schwierigsten Bedingungen erfüllen, inklusive der Sprachkommunikation bei Blackout. Deren Verletzbarkeit hatteTusch 1989 beimErdbeben in San Francisco noch am eigenen Leib erfahren: „Mit LTE450 können auch die Sprachdienste in Extrem- szenarien aufrechterhalten werden.“ Technik fürs Feld ist vorhanden Da Tests und Netzaufbau parallel laufen, haben Hardwarehersteller bereits Kompo- nenten entwickelt, die LTE450-ready sind. Die Technik sei vorhanden, weiß Carl von Campe, Geschäftsführer der Digicomm Gesellschaft für Kommunikationssyste- me mbH. Die von seinem Unternehmen entwickelten industriellen Router für das resiliente Netz beispielsweise sind auch physisch besonders robust und können selbst bei extremen Bedingungen undTem- peraturen eingesetzt werden. Vor allem aber können solche modernen Komponenten nicht nur zwischen den unterschiedlichen aktuell verfügbaren Standards wie LTE-M oder NB-IoT wechseln, sondern auch zu LTE450 migrieren, sobald es vor Ort ver- fügbar ist. „Der Hardware-Rollout kann damit schon vor der Netzverfügbarkeit erfolgen, ohne Einschränkungen bei der Funktionalität inKauf nehmen zumüssen.“ Als Beispiele nennt von Campe neben der Anbindung dezentraler Erzeugungsanlagen die Digitalisierung von Ortsnetzstationen. Diese liefern wertvolle Daten über Betriebs- zustände oder Anomalien im Verteilnetz und erlauben über Automatisierungs- und Fernwirktechnik zentral gesteuerte Eingriffe für das Lastmanagement auf der Nieder- spannungsebene. In der Praxis erwartet er auch einen Anteil hybrider Anbindungen. Dabei werdenMassendaten für das Moni- toring oder Advanced Analytics über LTE (mit VPN-Zugang) und sensible Daten über das nichtöffentliche LTE450 über- tragen. Auch der Dauerbetrieb über LTE mit LTE450 als Backup für den Schwarzfall sei möglich. Der Backbone Der Glasfaser-Backbone als technische Grundlage für die Anbindung der Funk- standorte an die georedundanten Zentral- techniken wird durch den Infrastrukturan- bieter Gasline bereitgestellt. Als dediziertes und redundantes LWL-Netz bildet der Backbone die Grundlage der hohen Re- silienz und Verfügbarkeit. Hinzu kommt die physische Sicherheit: Die Glasfaser- trassen der Gasline liegen gut geschützt vor Baggerschaufeln in Tiefen zwischen 60 cm und 1 m; die Trassen des Kern- netzes verlaufen in den besonders sicheren Schutzstreifen der deutschlandweiten Gas- hochdruckleitungen. Das durchgängige Glasfasernetz ohne Medienbrüche ist für Gasline-Geschäftsführer Wolfram Rinne damit „höchstverfügbar und für LTE450 eine technische Notwendigkeit“. Die In- vestitionen in den aufwendigerenTiefbau seien ein Garant für die Sicherheit und rechneten sich durch geringe Instand- haltungs- und Betriebskosten. Insgesamt wird Gasline 1.600 Funkstandorte über Glasfaser anbinden. www.digicomm.de Moderne Komponenten wie der LTE450-Router DSR-211- 450 können nicht nur zwischen Standards wie LTE-M oder NB-IoT wechseln, sondern auch zu LTE450 migrieren, sobald es vor Ort verfügbar ist (Foto: Digicomm) 27 www.net-im-web.de
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