NET 05/2023

28 www.net-im-web.de 5/23 Bernhard Reimann Ohne moderne Stromnetze, die Millionen von Erzeugern und Verbrauchern intelligent verbin- den, ist die Energiewende nicht zu schaffen. Welche Konzepte und Technologien aus der IT-Welt können dabei helfen, solche Netze aufzubauen? Bernhard Reimann ist Objektleiter bei der NET Keine Energiewende ohne IT Wie IT die Stromnetze zukunftsfähig macht D I G I TA L E GE S CHÄF T SMODE L L E Der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix nimmt stetig zu, wodurch die Anforderungen an die heimischen Strom- netze deutlich steigen. Schließlich werden Wind- und Sonnenenergie nicht von zen- tralen Kraftwerken produziert, sondern von mehrerenMillionen über ganz Deutschland verteilten Erzeugern, darunter mehr und mehr Privathaushalte. Zudem liefernWind und Sonne keine konstante Energiemenge, sondern je nachWetter, Tages- und Jahres- zeit eine schwankende Leistung, so dass Erzeugung, Verbrauch und Speicherung des Stroms genau überwacht und gesteuert werden müssen. Die bisherigen Strom- netze sind dafür zu unflexibel – gebraucht werden moderne dezentrale Energieinfra- strukturen, bei deren Aufbau die Konzepte undTechnologien aus der IT eine wichtige Rolle spielen. KI-Auswertungen am Edge Bei sehr regional geprägter und stark schwankender Stromproduktion eine deutschlandweit stabile Energieversorgung sicherzustellen, ist alles andere als einfach. Nahezu in Echtzeit müssen Entscheidungen über die Zu- und Abschaltung von Erzeu- gern sowie die Verteilung von Lasten und die Zwischenspeicherung überschüssiger Kapazitäten getroffen werden. Das funk- tioniert nur am Edge – also dort, wo die Daten über Stromproduktion, Stromver- brauch, Netzauslastung und Speichermög- lichkeiten anfallen. KI-Algorithmen (KI – künstliche Intelligenz) können genutzt werden, um notwendige Anpassungen im Netz binnen Millisekunden automatisiert vorzunehmen und drohende Versorgungs- engpässe oder Netzüberlastungen zu ver- hindern. Die benötigten Speicher- und Compute-Ressourcen am Edge können moderne IT-Systeme bereitstellen. Ebenso sind moderne Lösungen für IT-Security und Data Protection unerlässlich, um die kritischen Infrastrukturen vor Cyberatta- cken zu schützen. Datenaustausch via 5G In intelligenten Stromnetzen, den sog. Smart Grids, sind unzählige Anlagen, Messgeräte und Sensoren engmaschig miteinander ver- knüpft und tauschen kontinuierlich Daten aus. Dabei fallen große Datenmengen an, die in Echtzeit übertragen werden müssen. Der Mobilfunkstandard 5G ist mit seinen hohenDatenraten und der geringen Latenz dafür prädestiniert und hat in zahlreichen Industrieprojekten seine Tauglichkeit für solche anspruchsvollen Anwendungsfälle bereits bewiesen. Darüber hinaus ist 5G energieeffizienter als die älteren Mobil- funkgenerationen und bietet ein höheres Sicherheitsniveau. OT und IT verschmelzen Die Überwachung und Steuerung der Stromnetze mit smarten Technologien macht einZusammenrücken vonOT (Ope- ration Technology) und IT (Information Technology) erforderlich. Die bisherige Betriebstechnik, die auf Abschottung sowie proprietäre Schnittstellen und Protokolle setzte, muss offener werden, um sich mit IT-Systemen austauschen zu können. Auf der anderen Seite müssen IT-Lösungen die hohen Anforderungen der Energie- branche an Sicherheit, Zuverlässigkeit und Robustheit erfüllen. Die Erfahrungen aus der Industrie, die ihre Produktionsanlagen in den vergangenen Jahren immer weiter digitalisiert hat, können helfen, die Kon- vergenz von OT und IT auch im Energie- sektor voranzutreiben. (Foto: Dell Technologies)

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