NET 05/2023

38 www.net-im-web.de 5/23 Blitz- und Überspannungsschutz unterbrochen werden. Unkontrollierte Stoß- ströme über Verbindungsleitungen ins Innere des Gebäudes werden damit verhindert. Magnetische Schirmung Ein Blitz, der in kürzester Zeit eine enorme Menge an Energie liefert, erzeugt einen star- ken elektromagnetischen Impuls (LEMP – Lightning Electro-Magnetic Pulse). Deshalb muss beim Schutz empfindlicher elektroni- scher Systeme die Gefahr durch induzierte Spannungsimpulse berücksichtigt werden. Ein LEMP kann dabei sowohl durch einen direkten Blitzeinschlag in das Gebäude als auch durch einen Blitzeinschlag in der nä- heren Umgebung des Gebäudes auftreten. Neben dem Potentialausgleich al- ler leitfähigen Gebäudeteile verbessert eine nach DIN EN 62305-4 realisierte Gebäude- oder Raumschirmung den Schutz vor diesen elektromagnetischen Störgrößen erheblich. Schirmungsmaßnahmen könnenwährend der Planung und dem Bau des Rechenzentrums einfach in die Gebäudestruktur integriert werden. Nachträgliche Maßnahmen sind oft nur mit sehr hohen Kosten und geringerer Wirksamkeit verbunden. Ziel ist es, einen annähernd geschlossenen faradayschen Käfig zu errichten, um einen definierten Bereich für empfindliche Elektronik auszubilden. In diesem soll das durch Blitzstromimpul- se verursachte elektromagnetische Feld so weit reduziert werden, dass die Störgröße durch die nachDINEN62305-4 berechnete Schirmungsmaßnahme gedämpft wird. Das Magnetfeld muss also so weit reduziert wer- den, dass die Störfestigkeit des Betriebsmittels höher ist als die tatsächliche oder berechnete Belastung am Einbauort. Zur Abschätzung der Magnetfeld- stärke unter Berücksichtigung von Schir- mungsmaßnahmen stehen spezielle Soft- warelösungen zur Simulation zur Verfügung. Fenster oderTüren sind ebenfalls in die Schir- mungsmaßnahmen zu integrieren. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese ebenfalls ein ausreichendes Dämpfungsverhalten auf- weisen. Durchbrüche, wie sie für Kabeldurch- führungen benötigt werden, sollten auf ein Minimum reduziert werden. Die gewählte Maschenweite und die zusätzliche Nutzung der Bewehrung beeinflussen maßgeblich die Wirksamkeit dieser Schirmungsmaßnahme. Überspannungsschutz Um die hohen Anforderungen an die Verfüg- barkeit von empfindlichen elektronischen Sys- temen in Rechenzentren zu erfüllen, fordert das BSI in seiner „Handlungsempfehlung zu baulich-technischenMaßnahmen für Rechen- zentren mit erhöhtemVerfügbarkeitsbedarf“ die Realisierung eines Blitzschutzzonenkon- zepts (Lightning ProtectionZone – LPZ) nach DINEN62305-4 bis mindestens LPZ2 (Bild 1). Nach diesemPrinzip ist die zu schützende bauliche Anlage in äußere (LPZ 0A, LPZ 0B) und innere Blitzschutzzonen (LPZ 1 – n) zu unterteilen. Laut diesem flexiblen Konzept sind abhängig von der Empfindlichkeit der elektronischen Geräte/Systeme geeignete LPZ festzulegen. Kreuzen Leitungen die im Vorfeld definierten Blitzschutzzonengrenzen, können Überspannungen in die geschützte Umgebung eingeführt werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, diese Leitungen an den entsprechenden Zonenübergängen mithilfe von Überspannungsableitern nach VDE 0675-6-11 und -21 in das Potentialausgleichs- netz einzubeziehen. Bei allen energie- sowie informa- tionstechnischen Leitungen, die von außen (LPZ 0A) ins Innere des Rechenzentrums geführt werden, muss damit gerechnet werden, dass ein Blitzteilstrom zum Fließen kommen kann. Hier ist die Leitung amZonenübergang LPZ 0A auf LPZ 1 mit einem blitzstromtrag- fähigenÜberspannungsableiter zu beschalten. (Bild 3). Sind nur elektromagnetische Ein- kopplungen amZonenübergang LPZ 0B auf LPZ 1 zu erwarten, reicht ein Typ-2-Über- spannungsableiter (Surge Protective Device – SPD) aus. Auch die Zonenübergänge LPZ 1 auf LPZ 2 und höher sind mit passenden Schutzgeräten zu versehen. Darüber hinaus minimiert eine optimierte Leitungsführung Induktionsschleifen und verringert somit das Entstehen von Überspannungen. Bei großen Niederspannungsschaltanlagen sollten zusätz- liche Typ-2-Überspannungsableiter auch an den Abgängen der angeschlossenen Unterver- teilungen eingesetzt werden. Damit werden induzierte Störgrößen aus den abgehenden Leitungen sicher begrenzt. Daneben sind auch die Signal- und Datenleitungen mit entsprechenden SPDs zu beschalten. Fazit Eine frühzeitige Implementierung von Blitz- und Überspannungsschutzmaßnahmen nach DIN EN 50600 und DIN EN 62305 ist in der Planungsphase eines Rechenzentrums deutlich einfacher und kostengünstiger als eine Realisierung imNachhinein. Eine Nach- rüstung ist oft nur schwer durchzuführen und oft mit einem sehr hohen finanziellen Aufwand verbunden. DasWhite Paper: B litz- und Über- spannungsschutzkonzept für Rechenzentren geht auf viele Fragen noch einmal ausführ- licher ein. Bild 3: Schutz der Einspeisung in der Gebäudehaupt- verteilung, im Bild der Einsatz eines Kombiableiters auf Funkenstreckenbasis wie der DEHNvenCI mit integrierter Vorsicherung (Bilder: Dehn)

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