NET 6-7 2023

25 www.net-im-web.de 6-7/23 Das böse Ü-Wort und das gute K-Wort Überbau jedenfalls für ein „aufgebauschtes Thema“. Er sprach auf der ANGA COM davon, dass es lediglich in zwei Prozent der Fälle zu einem Überbau käme. Dazu passend sagte tags darauf Klaus Müller, Leiter Glasfaser bei der Telekom Deutsch- land, dass sich sein Unternehmen zu 98 % selbst überbaue. Müller meint damit den Überbau des Kupfernetzes. Dagegen sprechen allerdings die 96 genannten Fälle, die schätzungsweise 10 % der derzeitigen Ausbauprojekte ausmachen. Müller musste sich zudem schwe- rer Kritik seines SitznachbarnNelson Kilius erwehren. Der Sprecher der Geschäfts- führung ging zunächst auf die Aussagen Gopalans ein, der sagte, es dürfe keine regionalen Glasfasermonopole geben und dass man in der Planwirtschaft lande, wenn Netzbetreiber an bestimmten Orten nicht mehr ausbauen dürften. „Wir stehen für den Infrastrukturwettbewerb“, unterstrich Gopalan und verwies darauf, dass jeder dritte Glasfaseranschluss, den die Telekom baue, mit anderen Netzbetreibern in Ko- operation – das gute K-Wort – entstünde. Kilius tat die Wortwahl Gopa- lans als zu prosaisch ab. „Wenn bereits ein FTTB/H-Netz liegt, dann bitte baut doch woanders“, forderte er GopalansMitarbeiter Müller auf. „Lassen Sie solchen volkswirt- schaftlichen Irrsinn bleiben!“ Jens Prautzsch sprach von Prinzipienreiterei. „Ist uns der Infrastrukturwettbewerb so viel wert, dass wir die Ziele des Breitbandausbaus hinten herunterfallen lassen?“, frage der CEO von Unsere Grüne Glasfaser (UGG) in die Runde. Gegen den strategischen Überbau werde man etwas unternehmen müssen, so Prautzsch, „ansonsten sind die Ziele nicht erreichbar.“ Standards für Open Access Abhilfe könnte Open Access schaffen, doch auch hier besteht Klärungsbedarf. Es hapert nicht an technischen, dafür aber an kom- merziellen und prozessualen Standards. „Was passiert bei einem Anbieterwechsel: Nimmt der alte ISP das ONT mit oder verbleibt es beim Kunden“, stellte Martin Butz, Director Carrier Management & Roaming bei Telefónica Deutschland, eine simple Frage, hinter der aber ein noch un- geklärter Abwicklungsprozess steht. Auch Thilo Höllen, Senior Vice President Broadband Cooperations bei der Telekom, stellte fest, dass es zwischen Netz- betreibern und ISPs noch keine Interopera- bilität gäbe. Er wehrte sich aber gegen die Kritik, die Telekom würde keinWholebuy machen und verwies auf den Kooperations- vertrag mit willy.tel und wilhelm.tel, über den die Bonner bei den beiden Hamburger Netzbetreibern Bitstream einkaufen. „Wir werden von Leuten angegriffen, wir würden keinWholebuymachen, obwohl diese Leute selbst keinWholesale anbieten“, kritisierte Höllen auf der ANGA COM. Einig war man sich schließlich darin, den Regulierer außen vor zu lassen. Bei Open Access sehen sich die Marktteil- nehmer in der Lage, selbst funktionierende Modelle zu entwickeln.Manmuss allerdings auch sagen, dass sie ein Stück weit davon abhängig sind. Die Take-up-Rate steigt zwar leicht, aber mit einer Netzauslastung von durchschnittlich 30 bis 40 Prozent trägt sich kein Businessmodell. „Wir haben noch keine Faustformel gefunden, wie wir erfolgreich FTTH vermarkten“, brachte es Telefónica-Manager Butz auf den Punkt. Kooperationen seien daher die Vorausset- zung, damit der FTTH-Markt als Ganzes fliege. Marktkonsolidierung Der erfolgreichenVermarktung von FTTH- Anschlüssen kommt laut Prof. Dr. Jens Böcker eine zentrale Rolle zu. „Wer nicht erfolgreich vermarktet, wird konsolidiert“, prophezeite der Leiter des Masterstudi- engangs Marketing an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, der auch für den Bun- desverband Breitbandkommunikation (BREKO) Marktanalysen erstellt. Dass es eine Konsolidierung geben wird, steht für die Analysten von EY außer Frage. Rund 700 FTTH-Player hätten für 52 Millionen Haushalte einen Glasfaseraus- bau angekündigt. Die Überbuchung von 20 % sei nach denWorten von EY-Partner Patrick Jung ein klares Indiz für den Bedarf einer Konsolidierung. Nach einemExperten oderMarkt- teilnehmer, der der Meinung ist, dass das politische Ziel einer flächendeckenden Glasfaserverfügbarkeit bis 2030 erreicht werde, suchte man auf der ANGA COM vergeblich. EY geht davon aus, dass in Gut besucht: Mit 22.000 Teilnehmern verzeichnete die ANGA COM ein Plus von 20 % im Vergleich zum Vorjahr und von 10 % im Vergleich zur letzten Messe vor der Coronapandemie (Bilder: Anga Com)

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