NET 8/2022
12 www.net-im-web.de 8/22 Im Homeoffice tiefer in die Schatten-IT? offiziellen Beschaffung aber auch als zu bürokratisch, kompliziert und langwierig empfunden. Dies kann die Meinung eines Einzelnen, aber auch das Selbst- verständnis einer ganzen Fachabteilung widerspiegeln, die einen Sonderstatus für sich in Anspruch nimmt. Umso wichtiger ist es, die Schatten-IT nicht nur aus Com- pliance-Gesichtspunkten zu bekämpfen, sondern als Ausdruck der Firmenkultur wahrzunehmen und als Chefsache zu adressieren. Schatten-IT ist kein Kavaliersdelikt Die Risiken der Schatten-IT reichen von erträglich bis gravierend. Grundsätzlich verursacht sie zusätzliche Kosten und die fehlende Vernetzung mit offiziellen Systemen bedeutet letztlich Mehrauf- wand. Ein wesentlich heikleres Thema ist die Datensicherheit. Der fahrlässige Umgang mit sensiblen Daten ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Gesetzesver- stoß. Dies kann für den Einzelnen, aber auch für die Firma insgesamt beträchtliche Folgen haben. Problematisch ist auch der Ab- fluss von Informationen und Daten vor demHintergrund des Know-how-Schut- zes und desWettbewerbs imKonkurrenz- umfeld. Schließlich besteht eine wesent- liche Aufgabe der IT-Abteilungen darin, das intellektuelle Eigentumder Firma vor fremdem Zugriff zu schützen. Letztlich kann ein erfolgreicher Hacker-Angriff durch die Hintertür einer inoffiziellen Soft- oder Hardware für eine Firma im Desaster enden. Damit unterläuft die Schatten-IT sowohl zwingend notwendige als auch dringend angeratene Schutz- funktionen. Jeder zweite Mitarbeiter tut es In Bezug auf die Tragweite des Problems bestätigen unterschiedliche Erhebungen drei grundlegendeTrends. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass gut die Hälfte der Mitarbeiter im Rahmen ihrer Arbeit gewohnheitsmäßig inoffizielle IT-Lö- sungen einsetzt. Das kann die Kommu- nikation mit Kollegen oder Kunden über privateMessenger sein, das Speichern von Daten auf inoffiziellen Cloud-Diensten oder zum Beispiel die Vermischung von beruflichen und privaten E-Mail-Ac- counts, Programmen und Apps sowie PCs, Tablets und Smartphones. Mehreren Umfragen zufolge ist das Problem stärker ausgeprägt bei den Jüngeren, die als „Digital Natives“ Probleme bevorzugt digital angehen. Ein Zusammenhang ist auch gegeben hin- sichtlich der Firmengröße. Je größer die Firma ist, desto stärker ist im Schnitt die Digitalisierung ausgeprägt – mit- samt ihren Schutzmaßnahmen. Besonders schwer tun sich demnachmittelständische Firmen, für die die benötigten Ressourcen und der Wandel in der Firmenkultur ernstzunehmende Hürden sind. Ein dritter Trend sieht eine ge- ringe Anfälligkeit dort, wo Kernprozesse ohnehinmaßgeblich IT-gestützt ablaufen: in der Finanzwelt und im Bereich Ver- sicherungen, aber auch in der Informati- ons- und Kommunikationstechnik selbst, in der Automobilherstellung oder zum Beispiel in der Tourismusbranche. Umgekehrt ist die Schatten-IT dort ein größeres Problem, wo Firmen komplexe, aber letztlich recht analoge Lösungen anbieten, wie das zumBeispiel in allen Bereichen der Bauindustrie der Fall ist. Auch bei den Betreibern kritischer Infrastrukturen, die als Dienstleister im Bereich Strom, Wasser, Telekommuni- kation oder Verkehr verstärkt das Ziel von Hackerangriffen sind, müssen die IT-Abteilungen einen besonders schwieri- gen Spagat meistern zwischen Sicherheit und Zulässigkeit auf der einen Seite und optimaler Ausnutzung des IT-Potenzials auf der anderen. Vorteile unbestritten, aber ... Die Digitalisierung hat nicht zuletzt mit ihrer Dezentralisierung zu grundsätz- lichen Veränderungen in der Arbeitswelt geführt. Insbesondere im stark wach- senden Dienstleistungssektor spielt der Arbeitsort kaum noch eine Rolle. Die Pandemie hat den Trend zum Home- office weiter verstärkt. Die Vorteile sind unbestritten: Der Bedarf an Büroflächen ist rückläufig, der Berufsverkehr wird entlastet, Privat- und Berufsleben lassen sich flexibler gestalten. Für die Digitalisierung selbst birgt die Dezentralisierung jedoch un- übersehbare Risiken durch unkontrollier- bare Schatten-IT. Firmen sind heute mehr denn je gefordert, ihre IT als strategisches Element zu betrachten, das es gezielt zu optimieren und zu steuern gilt. Aufgrund der Risiken – und der Chancen. www.digitisation.de Georg Ruppert Die Risiken der Schatten-IT reichen von erträglich bis gravierend. Grundsätzlich verursacht sie zusätz- liche Kosten und die fehlende Vernetzung mit of- fziellen Systemen bedeutet letztlich Mehraufwand Firmen sind heute mehr denn je gefordert, ihre IT als strategisches Element zu betrachten
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