NET 8/2022
36 www.net-im-web.de 8/22 Im Juli hat die Bundesregierung mit der Gigabitstrategie ihren Plan für den wei- teren Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland vorgelegt. Auch wenn das Strategiepapier geeignete Ansätze für einen schnelleren Glasfaserausbau enthält, verpasst die Bundesregierung die Chance, den Glasfa- serausbau durch eine sinnvolle Ausgestaltung der staatlichen Förderung an die aktuelle Marktdynamik anzupassen und dadurch zu beschleunigen. Die Gigabitstrategie enthält insge- samt 98 Einzelmaßnahmen, die in den nächs- ten Monaten und Jahren zu einer Beschleu- nigung des Glasfaser- undMobilfunkausbaus beitragen sollen. Trotz dieser hohen Zahl an Maßnahmen und einiger guter Ansätze bleibt das Papier jedoch nach Einschätzung vonNor- bert Westfal, Präsident des Bundesverbands Breitbandkommunikation (BREKO) und Sprecher der Geschäftsführung bei EWETel, insgesamt hinter den Erwartungen zurück. „Dass die Bundesregierung trotz aktueller Krisen und damit verbundener politischer Herausforderungen heute ihre Gigabitstrategie veröffentlicht hat, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum flächendeckenden Glas- faserausbau. Insgesamt ist der Plan allerdings noch nicht ausreichend, um die sehr ambitio- nierten Ausbauziele zu erreichen. Ohne eine schnelle Konkretisierung wichtiger Bereiche, wie der Beschleunigung von Genehmigungs- verfahren, dem stärkeren Einsatz alternativer Verlegemethoden und einer grundlegenden Anpassung der staatlichen Förderung, wird der Ausbau länger dauern als geplant.“ „Weiter so“ ist gefährlich Besonders kritisch bewertet der BREKO die geplanten Regelungen zur künftigen staat- lichen Förderung des Glasfaserausbaus: „Mit der fehlendenNeuausrichtung der staatlichen Förderung lässt die Bundesregierung eines der größten Potenziale für die Beschleunigung des Glasfaserausbaus ungenutzt. Statt einer klaren Priorisierung wirklich bedürftiger Gebiete werden auf Druck von Bundeslän- dern und dem Deutschem Landkreistag ab Januar 2023 die Schleusen für möglichst um- fangreiche Fördermaßnahmen geöffnet und gleichzeitig der immense Investitionswille der Telekommunikationsbranche ignoriert. Außerdem fehlen klare, vorab festgelegte Regeln für die in der Gigabitstrategie vorgese- hene Evaluierung der Förderpraxis.Wenn der Bund nicht von Anfang an festlegt, wann ein ‚gebotenes Maß‘ an Markterkundungs- und Förderverfahren in den einzelnen Bundes- ländern überschritten ist, kann auch keine sinnvolle Korrektur von Fehlentwicklungen vorgenommenwerden. Ein Spiel ohne Regeln endet imChaos. Ähnliches darf man für die zukünftige Glasfaserförderung erwarten“, sagt BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. Er prognostiziert daher wenig optimistisch: „Es ist abzusehen, dass viele Bundesländer mit Start des neuen Förderprogramms eine Vielzahl an Markterkundungs- und Förder- verfahren starten werden. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen eindeutig, dass die Umsetzung von geförderten Ausbauprojek- ten zwei- bis dreimal so lange dauert wie im eigenwirtschaftlichen Ausbau. Deshalb bremst eine deutliche Ausweitung der Förderung ohne Priorisierung auf Regionen ohne eigen- wirtschaftliche Ausbauperspektive den Glas- faserausbau aus. Zusätzlich werden Steuer- mittel verschwendet und die Kosten für den gesamten Ausbau in die Höhe getrieben, wenn ohnehin schon knappe Ressourcen wie Fachkräfte undTiefbaukapazitäten über Jahre in langwierigen Förderprojekten gebunden sind. Eine Entwicklung, die man mit einem langfristig angelegten Förderkonzept mit klaren Regeln verhindern könnte.“ Dies ist umso bedauerlicher, da die Telekommunikationsbranche in den letzten Monaten mehrfach pragmatische Vorschläge BR E KO Ne t wo r k Gigabitstrategie des Bundes: Größtes Potenzial für Beschleunigung des Glasfaserausbaus bleibt ungenutzt (Foto: BVMI)
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