NET 8/2022

38 www.net-im-web.de 8/22 Dark Patterns im Internet Bekämpfung allein über Gesetze reicht nicht Univ.-Prof. Dr. Torsten J. Gerpott leitet den Lehrstuhl für Unternehmens- und Technologieplanung an der Mercator School of Management Duisburg der Universität Duisburg-Essen Torsten J. Gerpott Seit mehr als 15 Jahren werden in Brüssel und Berlin neue Ge - setze geschaffen, die unfairen Designmustern (Dark Patterns) bei Nutzeroberflächen auf Websites durch Verbote einen Riegel vor- schieben sollen. Der nachfolgende Beitrag zeigt auf, dass dieser rein juristische Bekämpfungsansatz Ergänzungen erfordert, die von der Bundesregierung bislang nicht mit ausreichendem Nachdruck in Angriff genommen werden. Wer im Internet einkauft, der findet in vielen Shops Hinweise, dass ein Pro- dukt, das zu den Topsellern mit Spitzenbe- wertungen früherer Käufer gehört und sich x andere Personen gerade ebenfalls anschauen, nur noch in begrenzter Zahl zwei Tage ver- fügbar ist. Nimmt ein Besucher dann das Produkt in den Warenkorb auf, so erscheint nicht selten ein Abwahlkasten, der mit einer Formulierung wie „Ich verzichte darauf, die Vorteile einerTransportversicherung für mei- ne Bestellung wahrzunehmen“ verknüpft ist. SolcheNutzeroberflächen sollen Interessenten zu Käufern von Basis- und Zusatzleistungen machen, umAbsatz und Gewinn des Verkäu- fers zu steigern. Außerdem findet man auf vielenWeb-Sites bei Cookie-Zustimmungs- aufforderungenVarianten, die Besucher durch Farben, Schriftgröße und Platzierung von Schaltflächen dazu animieren, in die Ver- arbeitung ihrer personenbezogenen Daten zum Zweck gezielter Werbung und Inhalts- vorschläge einzuwilligen. Die skizzierten und von ihren Effekten her verwandte Muster der Gestaltung von Nutzerschnittstellen wer- den in Fachkreisen mit den Anglizismen Dark Pattern (DP) oder Nudging for Bad (unethisches Anstupsen) angesprochen. Sie werden seit rund 15 Jahren als unfair einseitig Interessen von Nutzern zuwiderlaufende, manipulative Mittel zur Einschränkung der Entscheidungsautonomie und -rationalität von Site-Besuchern sowie in die Irre führende (hinter)listige psychologische Fallen im di- gitalen Online-Raum gebrandmarkt (siehe Beispiele in den Bildern 1 und 2). Nun mag man monieren, dass sol- che Designs keine Besonderheit der digitalen Welt sind. Schließlich ist es auch in der ana- logenWelt seit Urzeiten üblich, Verbraucher durch limitierte Editionen, nur kurze Zeit gültige Preissenkungen undHinweise auf gute Im digitalen Raum ist es Site-Betreibern viel schneller und zu niedrigeren Kosten möglich, unfaire Nutzerschnittstellen empirisch fundiert in kurzen Abständen zu optimieren (Foto: Bruno Germany, pixabay) NE T ZB E TRE I B ER UND - D I ENS T E

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