NET 09/2021
13 www.net-im-web.de 09/21 KR I T I SCHE KOMMUN I K AT I ON In akuten Gefahrensituationen, z.B. bei einer Geiselnahme oder Rettungsaktion, ist schnelles und effizientes Handeln erforderlich, so dass Polizei bzw. Rettungskräfte der Feuerwehr oder des Techni- schen Hilfswerkes keinen unnöti- gen Gefahren ausgesetzt sind. Echtzeit-Gefahrenanalyse für mobile Einsatzkräfte Digitale Absicherung kontra Privatsphäre Unmittelbar nach dem Eintreffen am Einsatzort müssen sie zunächst die Lage aufklären und sich orientieren. Von Nachteil ist, dass in akuten Krisensituationen kaum Baupläne von Gebäuden bzw. der In- neneinrichtungen vorliegen. BeimVordringen in unbekannte Gebäude bewegen sich die Einsatzkräfte von Spezialeinsatzkommandos koordiniert und in kleinenGruppen vorwärts, wobei sie Ortsinformationen lediglich per Funk weitergeben können. In naher Zukunft kann das digitale 3D-LagedarstellungssystemEVOK (Echtzeit- Vor-Ort-Aufklärung und -Einsatzmonito- ring) die Einsatzkräfte bei ihrer gefährlichen Arbeit unterstützen. Entwickelt wurde es im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Gemeinschaftsprojektes von Forschern der Fakultät für Informatik der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität (OvGU), des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt (LKA LSA) und Sensorspezialisten der Metop GmbH aus Magdeburg. „Unsere Zielsetzung war, ein robustes, praxistaugliches System zu entwickeln, das die Arbeit der Spezialeinsatz- kräfte nicht einschränkt und ihnen gleichzeitig in Echtzeit nützliche Zusatzinformationen liefert“, so Prof. Dr. Frank Ortmeier, Leiter des Lehrstuhls für Software-Engineering an der OvGU Magdeburg. Bewegte Echtzeitbilder Die Realisierung war eine technische Heraus- forderung:Während Kamerasensoren, die am Helm bzw. auf der Schulter sitzen, den Raum aufnehmen, berechnet ein Kleinstcomputer in Echtzeit ein räumliches Bild. Durch die Bewegung der Einsatzkräfte entstehen dabei Rohdatenmengen von einigenTerabyte. Selbst entwickelte Computeralgorithmen reduzieren die Datenmengen in Sekundenbruchteilen auf die wesentlichen Informationen, die den Einsatzkräften vor Ort in Echtzeit auf einer Anzeige am Unterarm oder zukünftig auch im Helmdisplay angezeigt werden. Auf eine GPS-Satellitenortung wurde verzichtet, da sie in den Gebäuden oftmals nicht funktioniert. Stattdessen wird aus den Bewegungsdaten der Einsatzkräfte ihre aktuelle Position ermittelt. Im Unterschied zu Computerspielen, die einen möglichst fotorealistischen Eindruck vermitteln sollen, liefert EVOK stark stilisierte Informationen, die etwa Sondereinsatzkom- mandos die schnelle und unkomplizierte Orientierung erleichtern. Außerdem achteten die Systementwickler darauf, dass die an der Ausrüstung angebrachten Sensoren einerseits Stöße und Stürze überstehen und gleichzeitig keine Behinderung im Einsatz sind. Aktuell wird das EVOK-System aus Sachsen-Anhalt erfolgreich auch auf Flugdrohnen und auf ferngesteuerten Aufklärungsrobotern erprobt. „Durch die Zusammenarbeit mit echten SEK-Kräften vomLandeskriminalamt Sachsen-Anhalt und der Metop GmbH ent- steht ein praxistaugliches System, das prinzi- piell auch in anderen Bereichen derWirtschaft einsetzbar ist“, so Professor Ortmeier. Über den Einsatz im Aufgabenbereich der Polizei hinaus arbeiten dieMagdeburger Informatiker an ähnlichen Lösungen für andere Rettungs- kräfte. Vorstellbar sind Anwendungen auf dem Gebiet derWartung von Abwasserkanälen, im Untertagebergbau sowie für Raumausstatter, Häusermakler und Höhlenforscher usw. Uwe Seidenfaden, IMG Sachsen-Anhalt Einsatzbeamter mit mobiler EVOK-Anzeige am Handgelenk und HoloLens-Brille. Die an der Ausrüstung angebrachten Sensoren müssen einerseits Stöße und Stürze überstehen und gleichzeitig im Einsatz nicht behindern (Foto: EVOK)
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