NET 09/2022

3 www.net-im-web.de ED I TOR I A L Vor circa einemMonat habe ich über das digitale Som- merloch geschrieben, liebe Leserinnen und Leser, Sie erinnern sich vielleicht noch. Und nun haben wir eine Digitalstrategie seit dem 31. August. Es wäre wirk- lich vermessen, hier einen direkten Zusammenhang herauszukonstruieren, so staatstragend ist die NET nicht. BeiWeitem nicht.Wenn überhaupt. Große Worte wurden gefunden für diesen „Wegweiser für den digitalen Aufbruch“. Alle Ministerien und das Kanzleramt hätten sie mit vereinten Kräften erarbeitet, heißt es auf der Webseite der Bundes- regierung, koordiniert vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr: „Die Strategie soll Deutsch- land digital voranbringen und formuliert Ziele, an denen sich die Regierung messen lassen will.“ Und: Sie „soll den digitalen Aufbruch ermöglichen und den Umsetzungsstau vergangener Legislaturperioden auflösen.“ Dabei versteht man die Digitalisierung als gemeinsame Aufgabe, als „Querschnittsaufgabe, die alle Ressorts und ihre nachgeordneten Bereiche betrifft und eine ressortübergreifende Zusammen- arbeit erfordert.“ Sie bildet „ein gemeinsames Dach für die digitalpolitischen Schwerpunkte und Ziele der Ministerien.“ Dazu wurden auch die digital- politischen Zuständigkeiten neu geordnet, wobei das Bundesministerium für Digitales und Verkehr nach wie vor den Takt vorgeben und gemeinsam mit den anderen Ressorts den Fortschritt der Digitalstrategie überwachen und steuern soll. Kurz: Es gibt wieder kein Digitalministerium. Quer durch die Branche wird das Ausrufen einer Digitalisierungsstrategie durch den Bund begrüßt. Dann kommen die Aber. So freut sich der Bundesverband IT-Mittelstand Bitmi darüber, dass die Bundesregierung „die digitale Souveränität zum Leitmotiv ihrer digitalpolitischen Agenda erklärt“. Leider aber ohne die Erkenntnis festzuschreiben, dass „die technologischen Abhän- gigkeiten Deutschlands bei der Digitalisierung ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen haben“. Hier fehlt Bitmi-Präsident Dr. Oliver Grün „ein Bekenntnis zur mittelständisch geprägten Digital- wirtschaft als Anbieterin von IT-Lösungen“. Mit- telständische Unternehmen würden lediglich als Anwender digitaler Lösungen wahrgenommen und nicht als innovative Gestalter der Digitalisierung. Ich persönlich freue mich, dass man sich nicht mehr nur in der Auflistung ehrgeiziger Proble- me gefällt, bei denen man weltweit führend werden will, sondern auch endlich wahrgenommen hat, was es alles dazu braucht. Beispielsweise leistungsfähige Infrastruktur, also Breitbandnetze oder anders aus- gedrückt Gigabitnetze – flächendeckend. Hier sehen die Verbände vorsichtig schwarz oder wie es der Breko ausdrückt: „Die sehr ambitionierten Ziele einer Steigerung der Versorgung mit Glasfaseranschlüssen auf 50 % aller Haushalte und Unternehmen bis Ende 2025 und einer flächendeckenden Glasfaser- versorgung bis 2030 sind aber nur unter optimalen Rahmenbedingungen erreichbar.“ Diese klagt – nicht nur – der Breko schon lange ein. Viel wurde auch versprochen, aber die Sache mit demBürokratieabbau beispielsweise ist immer noch nicht vom Tisch. Und man sollte sich als Bundesregierung auch vermehrt dazu durchringen, Schlüsseltechno- logien nicht nur im eigenen Land anzustoßen, zu fördern und zu entwickeln, sondern man sollte auch versuchen, sie im eigenen Land zu halten. Da wären wir wieder bei der digitalen Souveränität. Hier stößt der freie Markt an seine Grenzen, findet Ihre Brigitte Kasper brigitte.kasper@NET-im-web.de Jetzt geht’s los! 9/22

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