Wichtige Weichen für die Regulierung der Telekommunikationsbranche und den Gigabitausbau werden in Brüssel gestellt. Am 30. Juni 2024 endet die Frist zur Kommentierung des Weißbuchs der EU-Kommission zur Zukunft der Digitalen Infrastrukturen.
Auf knapp 50 Seiten skizziert die Kommission hierin ihre Ideen für die künftige Regulierung. Die ANGA hat sich an der Konsultation beteiligt. ANGA-Geschäftsführerin Dr. Andrea Huber fasst die wesentlichen Bewertungen des Verbands zusammen.
„Die Erreichung der europäischen und deutschen Konnektivitätsziele ist die zentrale Aufgabe der Netzbetreiber. Unsere Mitgliedsunternehmen leisten hierbei einen erheblichen Beitrag. Damit das so weitergehen kann und wir den Netzausbau vor allem im Wege privater Anstrengungen unter Einsatz möglichst weniger Subventionen voranbringen können, benötigen die Netzbetreiber investitionsfreundliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit.
Nicht alles ist gut
Einige der Vorschläge der EU-Kommission zur künftigen Regulierung der digitalen Infrastrukturen gehen aus Sicht der ANGA leider fehl. Für uns steht fest: Die Vollendung des digitalen Binnenmarkts darf nicht zulasten des Wettbewerbs im Telekommunikationsmarkt gehen. Denn: Gerade in Deutschland hat der Wettbewerb den Gigabit-Ausbau in den vergangenen Jahren massiv vorangetrieben.
Die von der Kommission angedachte Marktkonsolidierung und Schaffung einiger weniger `europäischer Champions´ würde jedenfalls aus deutscher Sicht dem weiteren Glasfaserausbau einen Bärendienst erweisen. Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Deregulierung der ehemaligen Monopolunternehmen bei gleichzeitiger Einbeziehung aller Wettbewerber in eine symmetrische Zugangsregulierung würde in Deutschland genau einem Unternehmen nutzen: der marktmächtigen Telekom. Für die Wettbewerbsunternehmen würde dieser Paradigmenwechsel nur Mehrbelastungen bedeuten. Dabei verkennt die Kommission, dass der Glasfaserausbau in Deutschland gerade wegen der Ausbauaktivitäten der vielen alternativen Netzbetreiber mittlerweile gut vorankommt. Wir appellieren daher an die Kommission, an der Regulierung von Unternehmen auf Basis einer beträchtlichen Marktmacht festzuhalten.
Alle Interessen berücksichtigen
Die EU-Kommission erkennt die große Bedeutung des Übergangs vom Kupfernetz der Telekom auf Glasfasernetze für den weiteren Glasfaserausbau richtig. Dafür schlägt sie fixe Abschaltdaten für die Kupfernetze der Incumbents vor – 80 Prozent bis 2028, 100 Prozent bis 2030. Aus unserer Sicht wäre viel wichtiger, jetzt ein Konzept unter Beteiligung aller Marktteilnehmer zu entwickeln, das die verschiedenen Interessen hinreichend berücksichtigt. Wir dürfen das Thema nicht alleine der Telekom überlassen!
Aufgeflammt ist erneut die Diskussion um die Beteiligung großer Verkehrsverursacher (`large traffic generators´) an den Kosten des Netzausbaus. Unter dem Schlagwort `Fair Contribution´ hatte die Kommission hierzu die Meinungen der Stakeholder gesammelt. In ihrem Weißbuch schlägt sie einen Streitbeilegungsmechanismus vor. Das begrüßen wir.
Große Online-Plattformen profitieren massiv von Investitionen in die Netze. Sie sollten deshalb an den Netzkosten beteiligt werden. Können sich die Parteien nicht auf Konditionen einigen, sollten sie eine Streitbeilegungsstelle anrufen können. Für uns ist dabei entscheidend, dass alle Netzbetreiber – unabhängig von ihrer Größe – diskriminierungsfrei von Zahlungen der OTTs profitieren können.“